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Auszeichnung des Time-Magazins Warum Merkel "Person of the Year" wurde

Im Inland ist die Kanzlerin derzeit heftig umstritten - selbst in ihrer eigenen Partei. Gleichwohl adelt die "Time" Merkel zur "Kanzlerin der freien Welt". Warum? Wir haben die "Time" für Sie gelesen.
Von Erik Häußler

Was für eine Auszeichnung für die Kanzlerin: Das US-amerikanische Time Magazine hat Angela Merkel zur "Person of the Year" ernannt. Damit steht Merkel in einer Reihe mit Persönlichkeiten wie Mahatma Ghandi, Martin Luther King und Willy Brandt, der 1970 als bislang letzter Deutscher zur Person des Jahres ernannt worden ist. Merkel ist die erst vierte Frau an der Spitze des seit 1927 veröffentlichten Rankings.

"Europas mächtigste Anführerin ist ein Flüchtling" leitetTime-Chefredakteurin Nancy Gibbs die Begründung der Wahl ein - eine Anspielung auf Merkels Herkunft aus der DDR. Merkel stehe an der Spitze des Rankings, "weil sie mehr von ihrem Land verlangt, als andere Politiker wagen würden, weil sie sich der Tyrannei entgegenstellt […] und weil sie in einer Welt eine unerschütterliche moralische Führung gibt, in der es daran mangelt", so Gibbs weiter. "Man kann mit ihr übereinstimmen oder nicht, jedenfalls nimmt sie nicht den einfachen Weg." Merkel zeige mit Menschlichkeit, Großzügigkeit und Toleranz wie deutsche Stärke genutzt werden könne um zu retten, nicht um zu zerstören.

Merkel nutzt "Barmherzigkeit wie eine Waffe"

Das Cover des Magazins, das seit diesem Freitag auch in Deutschland erhältlich ist, zeigt ein Ölgemälde von Merkel, gemalt vom nordirischen Künstler Colin Davidson. Im Heft beschreibt eine 27-seitige Reportage den Werdegang Merkels von der "schüchternen Tochter eines lutheranischen Pastors", die aus der "Orwell'schen Horror-Show" namens DDR kam, hin zur "Kanzlerin der freien Welt". Das Time Magazine spart nicht an großen Worten für den "Ossi" Merkel, deren Politikstil es sei, keinen zu haben. Vielmehr zeichne sie sich durch den "geschärften Sinn eines Überlebenden und die wissenschaftliche Zuneigung zu Daten" aus. Sie setze "Barmherzigkeit wie eine Waffe" ein.

Drei Mal hätte die Europäische Union im Jahr 2015 am Abgrund gestanden, sei es aufgrund der Konfrontation mit Russland in der Ukraine, der Flüchtlings- oder der Eurokrise - Merkel hätte alle Krisen gemanagt. Sie sei die "de facto Anführerin der Europäischen Union, der wohlhabendsten Arbeitsgemeinschaft des Planeten". Nicht nur eine Auszeichnung für die Kanzlerin, auch eine innerhalb ihrer eigenen Grenzen als heftig zerstritten wahrgenommene Europäische Union.

Vergleich mit Obama

Merkel als "Kanzlerin der freien Welt" und "Mutter der Flüchtlinge" - trotz der großen Zuschreibungen hebt das Heft die Bescheidenheit der "mächtigsten Frau der Welt" hervor, die noch immer ihre Lebensmitteleinkäufe selbst erledige. Die ganze Reportage liest sich wie ein Loblied auf die deutsche Kanzlerin, US-Präsident Barack Obama findet dabei nur am Rande Erwähnung. Und selbst im direkten Vergleich kommt die Kanzlerin gut weg, wird doch ihre Standfestigkeit gelobt, als sie dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Obama 2008 die Rede vor dem Brandenburger Tor verweigert hatte. Sie, die deutsche Regierungschefin ist die "Kanzlerin der freien Welt", eben nicht der US-Präsident, der diese Führung normalerweise für sich beansprucht. Obama hat es in diesem Jahr nicht einmal unter die ersten sieben Plätze des Rankings geschafft.

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