Im SPD-Streit um das Arbeitslosengeld I hat Vizekanzler Franz Müntefering eine längere Auszahlung an Ältere von der Finanzierbarkeit abhängig gemacht. Wenn sich nach dem bevorstehenden SPD-Parteitag in der großen Koalition ein gemeinsames Konzept abzeichne, müsse auch ermittelt werden, "wie teuer es ist und ob man es sich leisten kann", sagte Müntefering der "Frankfurter Rundschau". Das Vorhaben müsse daran nicht scheitern, aber Parteitagsbeschlüsse seien auch noch "kein Koalitions- oder Regierungshandeln".
Dagegen beharrte SPD-Chef Kurt Beck auf Änderungen der vom früheren Kanzler Gerhard Schröder initiierten Reformpolitik. Die Agenda 2010 müsse weiterentwickelt werden, sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Wir müssen den Begriff der sozialen Marktwirtschaft mit neuem Leben füllen." In der Vergangenheit sei zu oft der "vollständigen Ökonomisierung der Gesellschaft das Wort" geredet worden.
Steinbrück: Die Agenda 2010 darf als Instrument nicht aufgegeben werden
Finanzminister Peer Steinbrück warnte im Sender n-tv vor einer Abkehr der von ihm und Müntefering unter Schröder mitgetragenen Reformpolitik. Diese sei richtig gewesen. "Und deshalb gehöre ich zu denjenigen, die sagen, dass diese Agenda 2010 als Instrument nicht aufgegeben werden darf." Allerdings müsse man auch in der Lage sein, eine Justierschraube anders zu setzen, erklärte er mit Blick auf die von Beck angestrebte Verlängerung der Auszahlung des Arbeitslosengeldes I.
Nach einer Forsa-Umfrage scheint die SPD von der Debatte um eine Aufweichung von der mit Einschnitten verbundenen Agenda-Politik zu profitieren. In der wöchentlichen Erhebung für den Stern und RTL konnte die Partei um einen Punkt auf 26 Prozent zulegen. Die SPD rangiert damit jedoch noch deutlich hinter der Union, die einen Punkt auf 39 Prozent abgeben musste. Nach wie vor deutlich abgeschlagen liegt Beck in der Frage der Kanzlerpräferenz hinter Amtsinhaberin Angela Merkel. Für sie sprachen sich 59 Prozent der Befragten aus, für Beck 16 Prozent. Für die Umfrage wurden über 2500 Bürger vom 15. bis 19. Oktober befragt.