Bilanz zu Anti-Terror-Maßnahmen Regierungskommission plädiert für schärfere Kontrollen

Immer wieder wurden nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die Gesetze verschärft. Jetzt gibt es die erste offizielle Bilanz. Die zuständige Kommission schlägt strengere Kontrollen vor.

Experten empfehlen einem Bericht zufolge eine stärkere Kontrolle der Sicherheitsbehörden in Deutschland. Einige Mitglieder der von der Regierung eingesetzten Kommission verlangten sogar, das Bundeskriminalamt (BKA) ähnlich wie die Geheimdienste unter die Aufsicht eines Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) zu stellen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

Im Auftrag der Regierung hat das sechsköpfige Expertengremium die Sicherheitsgesetze der vergangenen zwölf Jahre erstmals grundlegend überprüft. In einem 308 Seiten umfassenden Papier fordert eine Mehrheit der Kommission dem Bericht zufolge, das 2004 geschaffene Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ) auf eine eigene gesetzliche Grundlage zu stellen. Bisher beruht das GTAZ auf den allgemeinen Regeln zum behördlichen Informationsaustausch. Ihm sind 40 verschiedene Behörden angeschlossen. Kritiker sehen darin eine massive Aushöhlung von Bürgerrechten.

Kommission plädiert für Whistleblower-Regelung

Die drei vom Bundesjustizministerium berufenen Mitglieder der Kommission schlagen vor, die Arbeit des Bundeskriminalamts vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags (PKG) überwachen zu lassen, das bislang nur für die Geheimdienste zuständig ist. Zudem plädieren sie für eine Art Whistleblower-Regelung: Mitarbeiter der Geheimdienste sollten das Gremium "auch ohne Einhaltung des Dienstwegs" ansprechen können. Die drei anderen, vom Innenministerium benannten Mitglieder tragen diese Empfehlung offenbar nicht mit.

Eine Mehrheit der Kommission spricht sich zudem für schärfere richterliche Kontrollen aus. Antiterror-Ermittlungen des BKA sollten nicht wie bisher vom Amtsgericht Wiesbaden kontrolliert werden, sondern vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs. Bei gravierenden Grundrechtseingriffen wie Lauschangriff oder Online-Durchsuchung sollte die Strafkammer eines Landgerichts zuständig sein. Zudem fordert eine Kommissionsmehrheit, dass Betroffene viel häufiger als bisher nachträglich über geheime Ermittlungen informiert werden müssen.

Gremium in vielen Punkten uneinig

Aus Sorge vor Terroranschlägen waren nach 2001 in Deutschland mehr als zwei Dutzend Gesetze verschärft worden. Zudem bekamen BKA und Verfassungsschutz erheblich mehr Befugnisse. Im Januar setzte die Bundesregierung dann ein Gremium aus sechs Mitgliedern ein, um die bestehenden Anti-Terror-Gesetze zu überprüfen. Dabei waren unter anderem die ehemalige Generalbundesanwältin Monika Harms und der FDP-Politiker Burkhard Hirsch. Dem Gremium gelang es in vielen Punkten nicht, zu gemeinsamen Schlussfolgerungen zu kommen.

Die Kommission wurde je zur Hälfte von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und von Innenminister Hans-Peter Friedrich benannt. Beide Minister wollen den Abschlussbericht auch gemeinsam vorstellen. Offiziell gab es dazu zunächst keinen Kommentar. Friedrich plädiert immer wieder für weitere Anti-Terror-Gesetze, was bei Leutheusser-Schnarrenberger auf Ablehnung stößt.

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AFP/DPA