Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat erneut vor überzogenen Erwartungen an die geplanten Steuerreformen der schwarz-gelben Koalition gewarnt. Zwar schließe eine schwierige wirtschaftliche Lage die Möglichkeit politischer Gestaltung nicht aus. Der Spielraum dafür sei im Moment aber äußerst begrenzt, sagte Schäuble am Donnerstag in Berlin. Vereinfachungen des Systems seien möglich, für eine grundlegende Strukturreform etwa bei der Einkommensteuer sehe er diesen Spielraum derzeit nicht.
Man dürfe kein Vertrauen verspielen, indem man hohe Erwartungen wecke, die dann nicht erfüllt werden könnten. "Vertrauen ist der zentrale Punkt", betonte Schäuble beim "Steuerforum" des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich am Donnerstag dafür aus, nach der Krise eine leistungsorientierte Steuerpolitik zu betreiben. Dazu gehöre vor allem die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen, sagte sie. Eine solche Reform stehe auf der Agenda der schwarz-gelben Bundesregierung.
Bundespräsident Horst Köhler verlangte einen strikten Sparkurs verbunden mit einer tiefgreifenden Steuerreform. "Um dauerhaft Stabilität zu sichern und unserer Sozialen Marktwirtschaft neue Kraft zu geben, müssen wir die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zur maßgeblichen, zur Maß gebenden Staatsaufgabe der nächsten zehn Jahre machen", sagte Köhler am Donnerstag bei einer Münchner Wirtschaftstagung.
Die Gesundung der öffentlichen Haushalte müsse mit nachhaltigen Reformen der Steuer- und Transfersysteme verbunden werden. "Diese Systeme strotzen vor Ungereimtheiten", und es sei fraglich, ob sie überhaupt ihre politischen Ziele erreichten. Die Bildungspolitik müsse auf jeden Fall von dem Sparkurs ausgenommen werden. Er plädiere für eine Sparpolitik, "die auch weiß und vorgibt, wo nicht gespart werden darf".
Schäuble lehnte es ab, einzelne Sparpotenziale im Zusammenhang mit der Steuerreform zu nennen. "Wir müssen diese Entscheidungen im Zusammenhang treffen. Jeder Sparvorschlag ohne Zusammenhang ist nach acht Tagen, spätestens zwei Wochen in der öffentlichen Diskussion so zerredet, dass man ihn vergessen kann", sagte Schäuble.
Handwerks-Präsident Otto Kentzler hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, einen "Fahrplan" für die Steuerreform in Form eines Gesetzes festzulegen. Die einzelnen Stufen könnten dann auch erst später in Kraft treten.