In der Kreditaffäre um Bundespräsident Christian Wulff ist die Möglichkeit strafrechtlicher Ermittlungen ins Gespräch gebracht worden. Der Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim ist der Auffassung, das zinsgünstige Darlehen für Wulffs Privathaus könnte den Tatbestand der Vorteilsnahme im Amt erfüllen. Sollte eine Staatsanwaltschaft deswegen tatsächlich Ermittlungen gegen Wulff einleiten wollen, müsste dafür dessen Immunität aufgehoben werden. Dafür ist der Bundestag zuständig.
Dem Grundgesetz zufolge gelten die Verfassungsbestimmungen zur Immunität der Abgeordneten analog auch für das Staatsoberhaupt. In Artikel 46 der Verfassung heißt es, dass ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden darf - es sei denn, dass er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird.
Wulffs Immunität müsste nur im Falle strafrechtlicher Ermittlungen aufgehoben werden. Für ein etwaiges Verfahren zu der Frage, ob er als Ministerpräsident gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen hat, ist das nicht erforderlich. Denn bei diesem handelt es sich nicht um ein Strafgesetz.
Im Ernstfall hohe Hürden
Wesentlich höhere Hürden gibt es für eine etwaige Amtsenthebung Wulffs. Denn eine Abwahl des Staatsoberhauptes ist nicht möglich; lediglich das Bundesverfassungsgericht könnte seine fünfjährige Amtszeit gegen den Willen des Amtsinhabers vorzeitig beenden. Artikel 61 des Grundgesetzes legt fest, dass Bundestag oder Bundesrat den Bundespräsidenten vor dem Bundesverfassungsgericht anklagen können, wenn er gegen das Grundgesetz oder ein anderes Bundesgesetz verstoßen hat. Der Antrag auf Erhebung einer Anklage muss von mindestens einem Viertel der Mitglieder einer der beiden Kammern gestellt werden.
Beschlossen ist die Anklage aber erst, wenn in einer der beiden Kammern zwei Drittel der Mitglieder dafür stimmen. Erst wenn dies geschehen ist, befasst sich das höchste deutsche Gericht mit der Anklage.
SPD fordert Untersuchungsausschuss
Die Union kann kein juristisches Fehlverhalten von Wulff erkennen. Zudem dementierte sie einen Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach die Union selbst die rechtliche Stellung von Wulffs Immunität prüfe. Die Angaben "entbehren jeder Grundlage", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), am Dienstag in Berlin.
Zu den Vorwürfen aus der Ministerpräsidentenzeit Wullfs liegt der Fall allerdings anders. Die Bundes-SPD setzt darauf, dass in Hannover ein Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorwürfe gegen Bundespräsident Christian Wulff eingesetzt wird. Das machte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, am Dienstag in Berlin klar. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte sich zuvor ähnlich geäußert.
Bei SPD und Grünen im niedersächsischen Landtag sieht das jedoch anders aus: Dort gilt es als nahezu ausgeschlossen, dass genügend Parlamentarier einen entsprechenden Antrag der zehnköpfigen Linksfraktion unterstützen werden, über den am Freitag abgestimmt werden soll. Dabei müssten mindestens 31 der 152 Abgeordneten für ein solches Gremium stimmen.