Bundeswehr Herkules und die hohe Kunst des Ausmistens

Das Projekt mit dem Namen "Herkules" sollte die Informationstechnik der Streitkräfte modernisieren. Doch diese Aufgabe droht nun an einer Finanzierungslücke zu scheitern.

Der Herkules der Bundeswehr könnte im Gegensatz zum griechischen Helden scheitern. Bleibt man im Bild der Mythologie ist der Stall im 21. Jahrhundert womöglich zum Ausmisten zu groß - oder das Engagement des Bezwingers zu klein. Es geht um das größte Reformprojekt der Bundeswehr mit 5000 Arbeitsplätzen und einem Volumen von 6,65 Milliarden Euro. Die Informationstechnik der Streitkräfte soll modernisiert werden: 300.000 Telefone und 100.000 Computer. Eine wahre Herkulesaufgabe, wie es der Name schon sagt.

Die Wirtschaft beklagt eine Lücke von mehreren hundert Millionen Euro. Doch die Finanznot des Bundes gibt der Politik nur einen Spielraum bei Leistungen, nicht beim Geld. Dem Firmenkonsortium Isic 21 war das zu wenig - das Risiko zu hoch.

Keine Nachbesserung in Sicht

Der Vergleich mit dem Maut-Desaster ist nach Ansicht des Verteidigungsministeriums nicht zulässig. "Wir haben nichts abgebrochen und nichts gekündigt. Natürlich wird an dem Projekt festgehalten. Nachbessern müssen wir nicht", sagte ein Sprecher.

"Plan B" vorhanden

Nur die Pferde werden jetzt im laufenden Verfahren gewechselt. In Wirtschaftskreisen wird bereits geunkt, dass das Ministerium auch mit dem zweiten Konsortium Tis nicht weiter kommen werde. Die SPD-Abgeordnete Elke Leonhard weist bereits auf "Plan B" hin: Die Bundeswehr würde dann die Herkules-Aufgabe allein in Angriff nehmen.

"Das gibt es in keiner Armee der Welt"

Plan A ist die Gründung einer IT-Gesellschaft aus Bund (49,9 Prozent) und Wirtschaft (50,1 Prozent), die die komplette, nicht zu den Waffensystemen gehörende Datenverarbeitung und Kommunikationstechnik modernisiert. "Das gibt es in keiner Armee der Welt", schimpft die CDU. Das muss aber kein überzeugendes Argument sein, wenn es um Spitzentechnologie und Innovation geht. Außerdem hatte die Union selbst lange die Ausstattung der Bundeswehr beziehungsweise deren langsamen Verfall zu verantworten.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Niederlage für Koalition und Wirtschaft

Dennoch darf das Scheitern der Verhandlungen mit Isic 21 sowohl für die rot-grüne Regierung als auch für die Wirtschaft als Schlappe gewertet werden. Angesichts hoher Arbeitslosigkeit, schlechter Konjunkturdaten und Ängsten in der Bevölkerung vor einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage hätte beiden Seiten der Start von "Herkules" wohl gut zu Gesicht gestanden.

Das Verteidigungsministerium ist dem Vernehmen nach in den Verhandlungen an seine Grenzen gegangen. Die Bundeswehr ist nach Experten-Ansicht unterfinanziert. Bereits die Kommission von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hatte eine Anschubfinanzierung von mehreren Milliarden für diese größte Reform in der Geschichte der Bundeswehr gefordert.

Prekäre Finanzsituation

Stattdessen wurde gekürzt. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat das vertreten, weil er aus Gerechtigkeitsgründen nicht Einschnitte bei sozial Schwachen mitragen wollte, während die Bundeswehr neue Waffen bekommt. Eine Erhöhung der Ausgaben für "Herkules" dürfte auch der Haushaltsausschuss des Bundestags nicht mitmachen.

"Wir sind zum Erfolg verurteilt", hatte es im Frühjahr geheißen, als die Verhandlungen mit Isic 21 abermals verschoben worden waren. An dieser Feststellung hat sich nichts geändert - nach Ansicht in der Politik auch für die Wirtschaft. Denn auch Unternehmen hätten einen Ruf zu verlieren, hieß es in Koalitionskreisen.