Angesichts neuer Sparvorgaben für die Bundeswehr befürchtet der Bundeswehrverband, dass die Truppe beim Einsatz in Afghanistan an ihre Grenzen stößt. "Es besteht die Gefahr, dass die Bundeswehr bald nicht mehr in der Lage sein wird, ihre Aufträge zu erfüllen," sagte der Vorsitzende, Oberst Ulrich Kirsch, am Dienstag in Berlin. Es sei ein "stiller Skandal", dass die Streitkräfte wegen finanzieller Engpässe jedes Quäntchen aus dem Inlandsbetrieb "herauspressen" müssten.
Angesichts eines drohenden Spardiktats in Folge der Haushaltsberatungen für 2011 drohe die Motivation der Truppe ins Gegenteil umzuschlagen, warnte Kirsch. Zwar gehörten etwa der Transporthubschrauber NH90 oder das Flugabwehrsystem "Meads" besonders auf den Prüfstand. Er kritisierte jedoch das Fehlen gepanzerter Einsatzfahrzeuge, eine überbordende Bürokratie bei der Materialbeschaffung sowie Personalmangel und Geldknappheit bei der Ausbildung. "Wenn wir zu Hause nicht mehr so für Situationen ausbilden, wie sie sich im Gefecht darstellen, begehen wir einen großen Fehler", sagte Kirsch.
Es gebe Einheiten, bei denen nur zwei Ausbilder und zwei Fahrzeuge für 25 Soldaten zur Verfügung stünden. "Das bedeutet, dass zwei Soldaten jeweils am Fahrzeug ausgebildet werden und 23 daneben stehen", sagte Kirsch. Mitunter hätten die Soldaten auch nicht genügend Munition. Für die müsse derzeit bereits "Geld herausgekitzelt" werden.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bis Ende Juni den Etat 2011 aufstellen. Im Vorgriff auf die neue Schuldenbremse im Grundgesetz soll auch im Verteidigungshaushalt gespart werden. Die Rede ist von rund 600 Millionen Euro im Jahr 2011; bis 2014 sollen etwa 1,3 Milliarden Euro eingespart werden.
Der Bundeswehrverband hofft jedoch, durch eine "Attraktivitätsagenda 2011" für die sozialen Rahmenbedingungen sowie durch die bereits bestehende Strukturkommission eine Trendumkehr für die nachlassende Attraktivität der Bundeswehr einleiten zu können. "Da muss ein spitzer Bleistift her", sagte Kirsch. Es gebe eine Mindestausstattung, unter die die Bundeswehr - gerade bei Auslandseinsätzen - nicht fallen dürfe.
"Ich warne die Politik ausdrücklich davor, in der Frage des Haushaltes und der Struktur der Bundeswehr so vorzugehen, wie es bei der Verkürzung des Wehrdienstes der Fall gewesen zu sein scheint: Erst beschließen, dann denken", sagte Kirsch. Auch der Wehrdienst von sechs Monaten länge müsse attraktiv, sinnvoll und gerecht bleiben.