Überraschende Entscheidung beim CDU-Parteitag: Auf Antrag der Jungen Union (JU) sprachen sich die Delegierten am Dienstag in Berlin für die Rückkehr zur Wehrpflicht aus. "Wir werden die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen und die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen", heißt es in einem Beschluss.
Verpflichtendes Gesellschaftsjahr bleibt Kernanliegen
Zwischenetappe soll dabei eine sogenannte Kontingentwehrpflicht sein. Bei ihr würde je nach Bedarf der Bundeswehr nur ein Teil der Gemusterten eingezogen. Übergeordnetes Ziel bleibt weiter das bereits beschlossene verpflichtende Gesellschaftsjahr, das sowohl bei der Bundeswehr als auch bei sozialen Einrichtungen abgeleistet werden kann.
Dem Beschluss war eine längere Diskussion vorausgegangen. Im Entwurf des Grundsatzprogramms hieß es zunächst: "Um den Personal- und Kompetenzbedarf der Streitkräfte langfristig zu sichern, darf es auch nach der Aussetzung der Wehrpflicht keine Denkverbote für die Zukunft geben."
Junge Union auf CDU-Parteitag: "ein sichtbares Zeichen an Russland und andere"
"Wir dürfen die Verteidigung unserer Demokratie nicht weiter dem Prinzip Hoffnung überlassen", sagte der JU-Bundesvorsitzende Johannes Winkel. Die Kontingentwehrpflicht sei eine "kurzfristige und realistische Möglichkeit", um die Personalprobleme der Bundeswehr anzugehen. Dabei solle ein Expertengremium der Bundeswehr festlegen, wie hoch der Personalbedarf pro Jahr sei. Nur diejenigen, die dann benötigt würden, sollten auch eingezogen werden.
Unterstützung bekam der Vorschlag unter anderem vom Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. Es brauche bei der Bundeswehr nicht nur eine Zeitenwende in Sachen Ausrüstung, sondern auch beim Personal. Denn viele Stellen seien schon jetzt unbesetzt. Günther betonte, eine solche Kontingentwehrpflicht wäre auch "ein sichtbares Zeichen an Russland und andere", dass Deutschland ernsthaft zur Verteidigung bereit sei.
Vertreter der Antragskommission hatten zunächst noch versucht, den Beschluss des JU-Vorstoßes zu verhindern. Sie verwiesen darauf, dass tagespolitische Fragen eher nicht in das auf mindestens ein Jahrzehnt ausgelegte Grundsatzprogramm sollten. Schließlich stimmten sie aber einer Kompromissformulierung zu, die weitgehend dem JU-Vorschlag entsprach.
Wehrpflicht seit 2011 ausgesetzt
Die Wehrpflicht war in Deutschland 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich. Gleichzeitig wurden praktisch alle nötigen Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Gesetzlich festgelegt ist aber weiter, dass die Wehrpflicht für Männer im Spannungs- und Verteidigungsfall wieder auflebt.