Der umstrittene Export der Hanauer Atomanlage nach China ist noch nicht endgültig vom Tisch. Der Antrag des Siemens-Konzerns werde nach wie vor geprüft, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montagabend nach einem Treffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in Berlin. Wen betonte, die Frage werde die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit beider Staaten nicht beeinträchtigen: "Die chinesische Seite respektiert den Willen der deutschen Seite."
Siemens hofft weiter
Schröder hatte die Genehmigung für den Export vergangenes Jahr bei seinem Besuch in China in Aussicht gestellt und damit große Verärgerung bei den Grünen ausgelöst. Die chinesische Regierung hatte jedoch zuletzt signalisiert, dass sie kein Interesse mehr am Kauf der Fabrik habe. Das Pekinger Außenministerium erklärte vergangene Woche, die Firmenkontakte seien inzwischen eingestellt worden. Siemens geht allerdings davon aus, dass die Entscheidung noch nicht endgültig ist.
Schröder sprach sich erneut für die Aufhebung des seit 15 Jahren bestehenden EU-Waffenembargos gegen China aus. Die Entscheidung darüber liege aber bei den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. "Ich werde für die Aufhebung des Waffenembargos stimmen", betonte der Kanzler. Das Waffenembargo war nach der blutigen Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens 1989 verhängt worden.
China will ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat
Der chinesische Regierungschef unterstützte nach den Angaben Schröders ausdrücklich den deutschen Wunsch nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. China zählt zu den fünf Ländern, die bereits ständig in dem Gremium vertreten sind. Im Rahmen einer umfassenden Reform der Vereinten Nationen soll der Sicherheitsrat erweitert werden. In einer gemeinsame Erklärung hieß es, Deutschland und China wollten sich gemeinsam für die "überfällige" Reform einsetzen.
Am Dienstagmorgen nahmen Schröder und Wen an einem Hochtechnologieforum im Bundeswirtschaftsministerium teil. Die Umweltorganisation Greenpeace verlangte vom Kanzler, sich dafür einzusetzen, dass Deutschland Anlagen für erneuerbare Energie, etwa Windkrafträder, nach China exportiert. Anstatt China beim Ausbau der Atomenergie zu unterstützen, solle der Einstieg des Landes in andere Energieformen gefördert werden.
Wirtschaft soll sich für Menschenrechte einsetzen
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth, forderte die deutsche Wirtschaft auf, aktiv an der Verbesserung der Arbeitnehmerrechte in China mitzuarbeiten. Die deutsche Industrie "sollte darauf dringen, dass die chinesischen Arbeiter mehr Rechte bekommen und freie Gewerkschaften gründen dürfen", sagte Roth der "Berliner Zeitung". "Das ist im ureigenen Interesse unserer Industrie. Langfristig sichert das die Investitionen."