Mit dem Urteilsspruch vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts Kassel soll ein bis dahin einzigartiger Fall in der Rechtsgeschichte enden. Der 42-jährige Armin Meiwes ist wegen Mordes an dem 43-jährigen Bernd Jürgen B. angeklagt. Laut eigener Aussage hat er sein Opfer auf dessen Verlangen getötet und Teile der Leiche verspeist. Hier die wichtigsten Ereignisse in chronologischer Reihenfolge:
10. März 2001 - Im nordhessischen Rotenburg trifft Armin Meiwes sein Opfer, den Diplom-Ingenieur Bernd Jürgen B., der sich in einer Internetanzeige zur Tötung und anschließenden Verspeisung angeboten hatte. Vor der Tötung in dem eigens dafür eingerichteten „Schlachtraum“ schneidet Meiwes dem 43-Jährigen das Geschlechtsteil ab, um es gemeinsam mit ihm zu essen. Dies ist aber nicht möglich, da B. um die Schmerzen auszuhalten 20 Schlaftabletten, eine halbe Flasche Schnaps und ein Hustenmittel zu sich genommen hat. Meiwes tötet den 43-Jährigen vor laufender Kamera mit einem Küchenmesser mit Stichen in Hals und Kehle.
Juli 2002 - Ein Innsbrucker Student stößt auf eine makabere Internet-Anzeige von Meiwes, in der er jemanden zum „Schlachten“ sucht.
10. Dezember 2002 - Die Polizei durchsucht Meiwes Haus und Grundstück in dem zu Rotenburg gehörenden Ort Wüstefeld und findet einen Schlachtraum, eine Kühltruhe mit eingefrorenem Menschenfleisch und Blutspuren. Auch das Video, 12.000 E-Mails, 1.616 Bilddateien, mehrere Festplatten sowie zahlreiche CD-ROMs und Disketten werden direkt mit dem Tod des als vermisst gemeldeten Bernd Jürgen B. in Verbindung gebracht. Meiwes wird festgenommen und legt ein Geständnis ab.
12. Dezember 2002 - Die Staatsanwaltschaft Kassel erlässt gegen den geständigen Meiwes Haftbefehl wegen Mordes. Oberstaatsanwalt Hans-Manfred Jung hat keinen Zweifel an seiner geistigen Verfassung.
8. Oktober 2003 - Das Landgericht Kassel teilt mit, dass der Prozess wegen Mordes am 3. Dezember beginnt. Die Staatsanwaltschaft hat das Verbrechen als Mord zur Befriedigung des Geschlechtstriebs eingestuft. Der Verteidiger Harald Ermel will dagegen eine Verurteilung wegen Tötung auf Verlangen erreichen.
3. Dezember 2003 - Prozessbeginn vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts Kassel. Drei Berufsrichter und zwei Schöffen müssen darüber entscheiden, wie ein Mann nach deutschem Recht zu bestrafen ist, der nach eigener Aussage aus Begierde auf Menschenfleisch einen Mann tötete, der auf genau diese Art sterben wollte. Für den Prozess sind zunächst insgesamt 14 Verhandlungstage bis Ende Januar angesetzt; 38 Zeugen sind geladen.
8. Dezember 2003 - Am zweiten Prozesstag berichten Polizeibeamte weitere grausige Details über die Tötung des 43-Jährigen. Anschließend sichtet das Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Videoaufnahmen von der Tat.

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12. Dezember 2003 - Einem Gutachten zufolge verblutete Bernd Jürgen B. und hatte wahrscheinlich starke Schmerzen. Nach Berechnungen eines Toxikologen muss er einen Blutalkoholwert von 0,8 bis 1,4 Promille gehabt haben.
15. Dezember 2003 - Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sagen zwei weitere mögliche Opfer als Zeugen aus: ein 34-jähriger Koch, der sich dem Angeklagten als „Schlachtopfer“ angeboten hatte - allerdings nur für ein Rollenspiel-, sowie ein 27-jähriger Conference-Organizer.
29. Dezember 2003 - Ein Psychiater bezeichnet Meiwes als körperlich und geistig gesund. Der Arzt Heinrich Wilmer sagt als sachverständiger Zeuge aus, dass der Angeklagte weder über Einfühlungsvermögen noch über Selbstkontrolle verfügt. Nach Wilmers Ansicht braucht der 43-Jährige eine Psychotherapie, die jedoch auch ambulant erfolgen könnte.
5. Januar 2004 - Vier LKA-Beamte berichten vor Gericht über die Auswertung der bei Meiwes sichergestellten rund 2.000 Datenträger. Danach fand man in dessen altem Fachwerkhaus in Rotenburg 3.842 Bilddateien mit tausenden Fotos, die Folter und Gewalt sowie homosexuelle Pornografie darstellen. Rund 50 Bilder zeigten den Angeklagten beim Zerteilen seines Opfers.
6. Januar 2004 - Internet-Bekannte des Kannibalen von Rotenburg bleiben voraussichtlich von strafrechtlichen Maßnahmen verschont. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften Frankfurt am Main und Kassel sind vorläufig eingestellt worden oder stehen kurz vor der Einstellung.
12. Januar 2004 - Der ehemalige Partner des Opfers sagt vor dem Landgericht Kassel, er könne sich den Tod seines Partners bis heute nicht erklären. Ein anderer früherer Sexualpartner berichtet wiederum, B. habe ihm Geld angeboten, damit er ihm den Penis abbeiße.
16. Januar 2004 - Nach Angaben des hessischen Landeskriminalamts hatte Meiwes per Internet Kontakt mit 29 Gleichgesinnten. 204 Menschen hätten sich „Frankie“, wie sich Meiwes im Internet nannte, als Schlacht- oder Misshandlungsopfer angeboten, 13 hätten gerne zusehen oder mitmachen wollen.
19. Januar 2004 - Der Psychotherapeut Klaus Beier von der Berliner Charite hält Meiwes nicht für krank, sondern voll für seine Tat verantwortlich. Auch sein Opfer sei voll steuerungsfähig gewesen, habe aber offensichtlich unter einer schweren masochistischen Störung gelitten.
23. Januar 2004 - Auch der Göttinger Psychologe Georg Stolpmann hält Meiwes für voll schuldfähig und bestätigt damit ein früheres Gutachten. Laut Stolpmann leidet der Angeklagte an einer Beziehungsstörung.
26. Januar 2004 - Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer eine lebenslange Freiheitsstrafe. Verteidiger Harald Ermel plädiert hingegen auf eine Strafe wegen Tötung auf Verlangen und damit auf höchstens fünf Jahre Freiheitsstrafe.