Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine mögliche Impfpflicht für Pflegekräfte ins Spiel gebracht. Es gebe unter dem Pflegepersonal zu viele, die eine Impfung gegen das Coronavirus verweigerten, sagte Söder der "Süddeutschen Zeitung". Deshalb solle der Deutsche Ethikrat Vorschläge machen, "ob und für welche Gruppen eine Impfpflicht denkbar wäre". Gerade in den Pflegeheimen gehe es schließlich "um Leben und Tod".
"Wir müssen uns überlegen, ob wir für die besonders hochsensiblen Bereiche, das sind die Alten- und Pflegeheime, den Schutz besonders erhöhen", sagte Söder im ZDF-"Morgenmagazin". Wenn man höre und lese, dass sich dort wenige Pflegekräfte impfen lassen wollten, müsse man darüber diskutieren.
Markus Söder: "Allgemeine Impfpflicht wird und soll es nicht geben"
In einigen Bereichen wie bei Masern gebe es bereits eine Impfpflicht. "Wenn Sie mal vergleichen, Masern mit Corona, ist die Gefahr und Bedeutung von Corona natürlich deutlich höher", sagte er. Deshalb brauche es jetzt eine gesellschaftliche Debatte und parallel dazu eine Impfkampagne, um die generelle Bereitschaft zum Impfen zu erhöhen. "Eine allgemeine Impfpflicht wird und soll es nicht geben", betonte Söder.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnt eine Impfpflicht für Pflegekräfte in Alten- und Pflegeheimen ab. "Im Moment über eine Impfpflicht zu spekulieren, verbietet sich", sagte Heil am Dienstagmorgen in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv. Die bisherige Entscheidung gegen eine Impfpflicht halte er für richtig. "Ich will vor allem Impfakzeptanz. Jetzt geht es darum, aufzuklären, dass Impfen wichtig ist", sagte Heil. Man müsse bei Pflegekräften und Medizinern dafür werben.
Scharfe Kritik an Söder von FDP
Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, sprach sich am Dienstag gegen eine Impfpflicht für das Pflegepersonal aus. "Wir haben noch nicht alles ausgereizt, was Überzeugungsarbeit angeht", sagte er dem Südwestrundfunk. Er glaube deshalb, dass "der Gedanke zur falschen Zeit kommt".
Das Problem mangelnder Impfbereitschaft in Pflegeheimen sei aber virulent, betonte Dedy. Teilweise wären in Pflegeheimen nur 30 Prozent der Beschäftigten bereit, sich impfen zu lassen. Arbeitgeber und Klinikträger müssten die Menschen überzeugen.
Scharfe Kritik kam aus der FDP. Söders Vorschlag sei "Wasser auf die Mühlen von Impfgegnern und Corona-Leugnern", erklärte Bundestags-Fraktionsvize Michael Theurer am Dienstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) müssten umgehend für eine Klarstellung in dieser Angelegenheit sorgen.
Söder will Impfkampagne und "Pharma-Allianz"
Bisher wird in Deutschland bei den Corona-Impfungen auf reine Freiwilligkeit gesetzt. Allerdings ergab eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Umfrage, dass nur die Hälfte des Pflegepersonals zu einer solchen Impfung bereit ist.
Söder plädierte außerdem für eine "große staatliche Kampagne zur Förderung der Impfbereitschaft". Daran sollten sich Vorbilder aus Kunst, Sport und Politik beteiligen. Den vielen Falschnachrichten, die über die Corona-Impfungen verbreitet würden, müsse etwas entgegengesetzt werden. "Sich impfen zu lassen sollte als Bürgerpflicht angesehen werden", betonte der CSU-Chef.
Der bayerische Ministerpräsident bekräftigte zudem seine Forderung nach einer "nationalen Pharma-Allianz", um die Produktion von Corona-Impfstoff zu erhöhen. "Nicht die bestellten Dosen sind das Problem, sondern die Produktion", sagte er im ZDF. Deutschland sei ein Pharma-Land. Es müsse möglich sein, mehr Produktionsstätten zu mobilisieren, die Impfstoff für Deutschland und Europa herstellen könnten.