Neue Kontaktbeschränkungen Aktuelle Coronalage: Bundesweite Inzidenz steigt nach den Feiertagen wieder

Über Weihnachten wurde gegen das Coronavirus weiter geimpft
Kein Pause über die Feiertage: Auch an Weihnachten wurde gegen das Coronavirus geimpft. Hier erhält eine Frau in der Disco "Latin Palace Changó" in Frankfurt ihren Booster.
© Andreas Arnold / DPA
Das Coronavirus macht keine Ferien. Das RKI verzeichnet einen leichten Aufwärtstrend bei den täglichen Neuinfektionen. Die Politik verschärft die Schutzmaßnahmen – und debattiert einen Stufenplan für die Impfplicht.

Genau heute vor einem Jahr startete in Deutschland die Impfkampagne. Die Politik warb mit dem Versprechen, die Pandemie mit der Impfung beenden zu können. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Pandemie bereitet manchen sogar noch größere Sorgen, als vergangenen Winter. "Ich war vor einem Jahr um diese Zeit optimistischer", sagte etwa Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Da hatte ich die Hoffnung, dass wir dem Virus mit der beginnenden Impfkampagne den Garaus machen können. Heute weiß ich, dass es sich bei Corona um einen enorm hartnäckigen Gegner handelt."

Die Gesellschaft sei dem Virus aber auch nicht schutzlos ausgeliefert, betonte Weil. "Wenn wir es schaffen, in der ganzen Gesellschaft einen hohen Impfschutz zu erreichen, werden wir perspektivisch mit der Pandemie klarkommen. Wir brauchen eine Impfquote von deutlich über 90 Prozent bei den Erwachsenen."

Corona-Inzidenz zwischen Feiertagen kaum belastbar

Nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz vor Weihnachten wieder gesunken war, ist sie nun wieder (leicht) gestiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Montagmorgen mit 222,7 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 220,7 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 315,4 (Vormonat: 340,7). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 13.908 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 03.25 Uhr wiedergeben.

Das RKI weist darauf hin, dass während der Feiertage und zum Jahreswechsel mit einer geringeren Test- und Meldeaktivität zu rechnen ist. Deshalb könnten die offiziell ausgewiesenen Fallzahlen nur ein unvollständiges Bild der Corona-Lage in Deutschland zeigen.

Deutschlandweit wurden nach den neuen Angaben binnen 24 Stunden 69 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 180 Todesfälle. In Deutschland sind seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Corona-Infektionen gemeldet worden. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht nachgewiesen und damit auch nicht erfasst werden.

Verschärfte Kontaktbeschränkungen

In mehreren Bundesländern werden an diesem Montag verschärfte Corona-Bestimmungen wirksam. Kontakte im privaten und öffentlichen Leben werden weiter eingeschränkt, insbesondere um sich gegen die sehr ansteckende Omikron-Variante zu rüsten. Manche Bundesländer hatten damit bereits zu Weihnachten begonnen, andere ziehen nun nach. Ab Montag gelten in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern strengere Regeln. Am Dienstag folgen weitere Länder. Auf diese Maßnahmen hatten sich Bund und Länder verständigt.

Trotz zuletzt sinkender Fallzahlen gelten von Montag an in ganz Mecklenburg-Vorpommern verschärfte Schutzvorkehrungen. Kinos, Theater, Museen, die Innenbereiche von Zoos, Schwimmbäder und andere Freizeiteinrichtungen müssen flächendeckend geschlossen bleiben. Bislang galten diese Restriktionen nur in der Mitte und im Osten des Landes. Da aber die Corona-Ampel für das Land über mehrere Tage auf Rot stand und mit der Omikron-Variante eine weitere Infektionswelle erwartet wird, hatte die Landesregierung die Schließungen landesweit verfügt.

In Brandenburg gilt ab Montag für Geimpfte und Genesene mindestens bis zum 11. Januar bei privaten Treffen drinnen oder draußen eine Obergrenze von zehn Menschen. Wenn in einem Haushalt jemand ohne Corona-Impfung dabei ist, bleiben die bestehenden Regeln unverändert: Zu privaten Treffen dürfen nur bis zu zwei Menschen eines anderen Haushalts hinzukommen, Kinder unter 14 Jahren werden nicht mitgezählt. Auch in Niedersachsen dürfen sich nur noch Gruppen von bis zu zehn Geimpften und Genesenen treffen – Kinder nicht gerechnet. In Baden-Württemberg gilt ab diesem Montag auch eine Sperrstunde in der Gastronomie von 22.30 Uhr bis 5 Uhr morgens. In der Silvesternacht beginnt die Sperrstunde erst um 1 Uhr.

Neue Proteste gegen Coronavirus-Maßnahmen

In zahlreichen deutschen Städten wollen Gegner von Corona-Maßnahmen am Montag mobil machen. Demonstrationen sind unter anderem in mehreren Städten in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg sowie in Mannheim in Baden-Württemberg angemeldet. Am 2. Weihnachtsfeiertag protestierten mehrere hundert Menschen in Berlin sowie in Schweinfurt gegen Corona-Bestimmungen.

Städtetagspräsident Markus Lewe hat einen besseren Schutz von Amts- und Mandatsträgern vor gewaltsamen Corona-Protesten gefordert.  Verfassungsschutz und Polizeibehörden brauchten dafür mehr Personal, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wenn es hart auf hart kommt, also bei konkreten Gefährdungen, müssen auch Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker unbürokratisch Polizeischutz bekommen", forderte Lewe.  

Staatsanwaltschaften und Gerichte seien in der Pflicht, Straftaten schnellstmöglich zu ahnden. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Hasskriminalität müssten dafür gut ausgestattet und verstärkt und die Sicherheitsbehörden sensibilisiert werden.

Die Corona-Proteste würden gewalttätiger, ein gesellschaftlicher Konsens gerate ins Wanken, beklagte der Oberbürgermeister von Münster. "Politisch motivierte Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger haben ein unerträgliches Ausmaß erhalten. Mehr als jeder zweite Kommunalpolitiker wurde schon beleidigt, bedroht, mit Hass überschüttet oder tätlich angegriffen." Auch die Menschen vom Ordnungsamt bekämen das zu spüren, genauso wie Rettungssanitäter, Feuerwehr und ehrenamtlich Tätige – sowohl im Netz als auch auf der Straße. 

"Der Riss durch die Gesellschaft darf nicht größer werden", forderte Lewe. "Wir brauchen unbedingt einen respektvollen Umgang in unserer Gesellschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Da geht es auch um Prävention. Ein respektvolles, Menschen würdigendes und tolerantes Miteinander muss früh gefördert werden, schon in Kita und Schule."

Impfziel erreicht – Merz will Stufenplan für Impfplicht

Neben verschärften Schutzmaßnahmen setzt die Bundesregierung weiterhin auf die Impfkampagne. So wurde auch über die Feiertage weiter geimpft. Am zweiten Weihnachtsfeiertag erreichte die Bundesregierung nun ihr Mitte November gesetztes Ziel von 30 Millionen Impfungen bis zum Jahresende, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Sonntag mitteilte. Rund 147 Millionen Impfdosen wurden bislang verabreicht.

Nach Darstellung des Impfdashboards sind aktuell 21,7 Millionen Menschen in Deutschland noch ungeimpft (26,2 Prozent der Bevölkerung). Davon sind 4 Millionen im Alter von 0 bis 4 Jahren (4,8 Prozent der Bevölkerung), für diese stehen noch keine Impfstoffe zur Verfügung.

Um die Impfkampagne weiter voranzutreiben, wird über eine allgemeine Impfpflicht diskutiert. Im Bundestag könnte es im Januar dazu eine erste Debatte geben. Bereits beschlossen ist eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen. Bis zum 15. März müssen alle Beschäftigten in diesen Bereichen eine vollständige Impfung nachweisen.

Der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz regte einen Stufenplan an, um weitere Gruppen in eine Impfpflicht einzubeziehen. Eine allgemeine Impfpflicht wirft aus Sicht von Merz eine Reihe von ethischen, verfassungsrechtlichen und organisatorischen Fragen auf. Die müssen vor einer Beschlussfassung geklärt sein", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Vielleicht könnte eine Art Stufenplan für gruppenbezogene Impflichten auch zum Ziel führen", fügte er hinzu. Er nannte etwa Bedienstete in Schulen, Kitas und Universitäten, aber auch Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen. "Ihnen könnte man eine solche Pflicht auferlegen, weil sie von Anfang ihrer Tätigkeit an eine Verpflichtung eingegangen sind, diesem Land zu dienen", betonte der CDU-Politiker.

DPA
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