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Deep-Purple-Song beim Guttenberg-Zapfenstreich Smoke on the Bendlerblock

Ausgerechnet "Smoke on the Water" von Deep Purple hat sich Karl-Theodor zu Guttenberg zu seinem Zapfenstreich heute Abend gewünscht. Der Verdacht liegt nahe, dass er auch dabei nicht wusste, was er tat. Oder doch?
Eine Stilkritik von Ralf Klassen.

Es war klar, dass ER, der Unangepasste, der Himmelsstürmer, der Andersartige, sich so ein Lied aussuchen musste. Adelstitel hin, schwarzes Parteibuch her - schließlich soll der heutige Zapfenstreich des Karl-Theodor zu Guttenberg ein letzter Beweis dafür sein, was für ein cooler Bursche da von uns geht.

Und was also sucht sich der gemeine Konservative aus, wenn er zeigen will, was für ein wilder Rocker er im Herzen eigentlich ist? Zumal jemand wie "KTG", der den Besuch eines AC/DC-Konzerts schon für einen Exzess-Event hält und die blonde Gattin dabei gerne mit neckischen Teufelshörnern fotografieren lässt. Genau: "Smoke on the water" von Deep Purple.

Dieser Song musste schon viel erleiden: Er ist durch unzählige Bierzelt-, Luftgitarren- und Goldene-Hochzeit-Verhunzungen arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Und auch das ehrenwerte Musikkorps der Bundeswehr wird heute Abend wieder eines der größten Rockwerke aller Zeiten mit Bläsern, Tuba, Trallala zu jener Konsens-Soundgrütze wegblasen, zu der der Song leider mittlerweile verkommen ist.

Dabei stammt das Lied noch aus einer Zeit, den frühen 70ern, in der Popstars nur Musiker waren und keine Minister. In der Drogen öffentlich in Parks als Lebensbekenntnis konsumiert wurden und nicht heimlich in Büros zur Stressbewältigung. In der zurückgegelte Haare für dahergelaufene Provinzler und Wichtigtuer standen - und damit für den Feind, der nie nicht niemals als Rockfan akzeptiert worden wäre.

Und auch der Song selbst hat es in sich, jedenfalls mehr, als sich Hans, Franz und Karl-Theodor beim Mitgrölen und Luftgitarrenspielen vielleicht so denken. Der Text handelt nämlich nicht von prima Partystimmung, sondern von einer Beinahekatastrophe . Denn Deep Purple wurden Zeugen eben dieser, als bei einem Konzert von Frank Zappa und seiner Band in Montreux die Konzert-Location, ein altes Casino am See, in Flammen aufging, nachdem ein durchgeknallter Fan - wohl im Drogenrausch - mit einer Signalpistole rumgeballert hatte. Nur mit viel Glück gelang es, die panische Zuschauermenge halbwegs unbeschadet aus der Halle zu retten.

Den Schrecken dieser Nacht mit dem dichten Rauch, der über dem Genfer See schwebte, verarbeiteten Deep Purple mit eben diesem Lied: "Smoke on the Water". Und der eröffnende Gitarrenriff "Ba-ba-baa, ba-ba-babaa, ba-ba-ba ba-baa ..." wurde in seiner schlichten, aber genialen Komposition zum Markenzeichen eines weltweiten Hits. Es ist anzunehmen, dass KTG all dies nicht wusste, als er sich "Smoke on the Water" für seinen Zapfenstreich wünschte. Aber was kümmern einen auch die Inhalte und die Intention des Urhebers, wenn der Effekt doch so toll ist: Hier steht und geht ein Rocker.

Und irgendwie passt das Lied dann doch wieder zum Zapfenstreich von KTG. Auch der hinterlässt nicht ein bestelltes, sondern ein eher brennendes Haus (fragen Sie mal Thomas de Maizière). Das vor allem deshalb brennt, weil ein durchgeknallter Typ aus Übermut ... "Smoke on the Bendlerblock"?... aber na gut, lassen wir das.

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