Der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Jürgen Rieger wird möglicherweise schon bald über ein leer stehendes Hotel in der Innenstadt von Delmenhorst verfügen können. Er erwäge, das Grundstück und das Gebäude der von Rieger vertretenen "Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd." durch eine „gemischte Schenkung“ zu übereignen, sagte der gegenwärtige Besitzer Günter Mergel am Dienstag. Rieger will nach Angaben der Stadt Delmenhorst das in Rathausnähe gelegene Hotel in eine Veranstaltungs- und Tagungsstätte für die rechte Szene umwandeln.
Mit einer gemischten Schenkung "wäre das Vorkaufsrecht der Stadt Delmenhorst ausgehebelt", erklärte Mergel. Nachdem die Stadtverwaltung kürzlich das Sanierungsgebiet Innenstadt ausgedehnt hatte, besaß sie eigenen Angaben zufolge ein Vorkaufsrecht für die Immobilie. Die Kommune könnte das Hotel demnach zu einem Preis erwerben, der durch eine neutrale Stelle festgesetzt wird.
Zunächst hatte Mergel angekündigt, er wolle das Hotel der Wilhelm-Tietjen-Stiftung für 3,4 Millionen Euro verkaufen. Doch auch durch eine „gemischte Schenkung“ käme Mergel nach eigenen Angaben an sein Geld, weil die Stiftung mit der Immobilie auch ein noch nicht getilgtes Darlehen übernehmen und die Inneneinrichtung kaufen würde.
Stadt will Schenkung prüfen
Die Stadtverwaltung von Delmenhorst zeigte sich am Dienstag über die geplante Schenkung überrascht. Noch am Montagabend habe es ein Gespräch mit Mergel gegeben, sagte ein Sprecher: "Da hat der Hotelier keinerlei Andeutungen über seine Pläne gemacht." Die Stadt werde nun prüfen, ob eine solche Schenkung rechtlich überhaupt zulässig sei und ob die Kommune eventuell doch noch ein Vorkaufsrecht habe. Auch ein Vermittler, den die Stadtverwaltung in die Verhandlungen mit Mergel eingeschaltet hatte, wusste am Dienstag nach eigenem Bekunden nichts von den neuen Plänen des Hoteliers.
Die Stadt und mehrere Bürgerinitiativen riefen unterdessen weiterhin zu Spenden für einen so genannten "Abwehrkauf" auf. Auf einem Treuhandkonto waren bis Dienstagmittag rund 680.000 Euro eingegangen, Mitarbeiter der Stadtverwaltung spendeten am Montag 1.500 Euro. Einwohner hatten in den vergangenen Tagen auch mit Demonstrationen und Unterschriftensammlungen gegen den geplanten Erwerb des Hotels durch Rieger protestiert. Auch diese Aktionen sollen weitergehen, kündigten die Initiatoren an.
Rieger ist nach Angaben von Verfassungsschützern des Bundes und einiger Länder als Rechtsextremist bekannt. Die einem Verfassungsschutzbericht zufolge in London eingetragene "Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd." ist nach dem 2002 verstorbenen Bremer Altnazi Wilhelm Tietjen benannt, der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch Aktiengeschäfte Vermögen angehäuft haben soll.