Nach dem deutsch-italienische Sommertheater tragen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Ministerpräsident Silvio Berlusconi jetzt demonstrativ politische Geschlossenheit zur Schau. In einem knapp einstündigen Gespräch am Samstag legten sie ein gemeinsames Ziel fest: Die EU-Verfassung wenn möglich bis Ende des Jahres unter Dach und Fach zu bringen. Allerdings gab es beim "Versöhnungs-Gipfel" von Verana auch einen neuen Missklang: Berlusconi sagte einen gemeinsamen Opernbesuch am Freitagabend in letzter Minute ab. Mit EU-Kommissionspräsident Romano Prodi steckte Schröder einen Kompromissrahmen im Streit um die Lastwagen-Maut ab.
Verschlechterung? Nie!
"Es gab nie eine Verschlechterung der deutsch-italienischen Beziehungen, deshalb kann man auch nicht von einer Verbesserung reden", sagte Berlusconi am Samstag. Schröder fügte allerdings hinzu, "die eine oder andere Irritation" sei ausgeräumt. Der Kanzler hatte im Juli seinen Sommer-Urlaub in Italien abgesagt, nachdem der inzwischen zurückgetretene Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani deutsche Urlauber beschimpft hatte. "Schröder ist in Italien immer willkommen, auch wenn er einmal nicht mehr Kanzler sein sollte", meinte Berlusconi in Verona.
Trillerpfeifen gegen Berlusconi
Er verteidigte die überraschende Absage seines Opernbesuchs mit Schröder in der antiken römischen Arena von Verona: Linke Berlusconi- Gegner hätten laut Warnungen des Innenministeriums mit Trillerpfeifen die Opernaufführung sprengen wollen. "Ich habe mich daraufhin geopfert und habe meine Teilnahme abgesagt", sagte er. Als Berlusconi nach dem Treffen mit Schröder den Bürgermeister der Stadt aufsuchte, wurde er teilweise mit Pfiffen auf der Straße empfangen.
"Ohrfeige von Verona"
Die italienische Opposition und Zeitungskommentatoren kritisierten die Absage des Opernbesuchs mit Schröder und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. Die römische Zeitung "La Repubblica" sprach von einer "Ohrfeige von Verona". Deutsche Regierungskreise kommentierten das Fernbleiben Berlusconis offiziell nicht. Das sei eine italienische Angelegenheit, hieß es lediglich. Schröder und Prodi sahen bis weit nach Mitternacht die "Carmen"-Aufführung in der Inszenierung von Starregisseur Franco Zeffirelli.
Bei ihren Gesprächen vereinbarten Schröder und Berlusconi, dass die am 4. Oktober unter italienischer EU-Präsidentschaft beginnende Regierungskonferenz zur EU-Verfassung rasch Ergebnisse bringen soll. Für Berlusconi solle es "zu maximal ein, zwei oder drei Veränderungen" an dem Konvent-Entwurf kommen. Schröder will am liebsten, dass der Entwurf "ohne Änderungen" von den Staats- und Regierungaschefs der EU angenommen wird. Es solle eine gemeinsame deutsch-italienische Position zu diesem Thema ausgearbeitet werden.

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Zu Afghanistan sagte Schröder, die Prüfung einer eventuellen Ausweitung des deutschen Engagements sei noch nicht abgeschlossen. Zum Irak bekräftigte er, dass Deutschland hier "nicht an ein militärisches Engagement denkt". Es freue ihn, dass auch Berlusconi dafür sei, die Verantwortung der UN im Irak auszuweiten. Italien gehörte im Gegensatz zu Deutschland zu den Befürwortern des Irak- Kriegs und hat auch Soldaten in das Land entsandt.
In der Frage der Lastwagen-Maut verpflichtet sich Deutschland, die geplante Beihilfe für Spediteure so lange nicht zu zahlen, bis die EU-Kommission dem Maut-System zugestimmt hat, sagte Schröder. Sollte die Kommission die Beihilfen ablehnen, würden sie gar nicht ausgezahlt. "Ich glaube, das ist ein Weg, auf dem die beiden zuständigen Kommissare und mein Verkehrsminister miteinander weiter kommen können", sagte Schröder. Er und Prodi seien in dieser Frage "an einer friedvollen Lösung" interessiert. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) und EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio wollen am Dienstag über das Thema weiter verhandeln.