Bahnchef Hartmut Mehdorn ist wegen seiner Sparpläne aus allen politischen Lagern unter Beschuss geraten. Der Vorsitzende des Verkehrsauschusses im Bundestag, der CDU-Politiker Klaus Lippold, warf ihm vor, mit klar überhöhten Zahlen zu hantieren. Bei SPD und Grünen wurden erste Rufe nach einer Ablösung des Konzernchefs laut. Mehdorn benehme sich wie ein Elefant im Porzellanladen, kritisierte der SPD-Abgeordnete Michael Roth. Der Konzernchef müsse sich fragen lassen, ob er noch tragbar sei. Auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee rügte Mehdorn am Mittwoch erneut und verlangte, das Beschäftigungsbündnis zu erhalten.
Bahnchef Mehdorn kündigt unpopuläre Schritte an
Mehdorn hatte sich mit der Lokführer-Gewerkschaft GDL am Wochenende auf Lohnerhöhungen von elf Prozent geeinigt. Nur einen Tag später kündigte er einen Stellenabbau und eine Erhöhung der Fahrpreise an, um Mehrkosten von über einer Milliarde Euro über fünf Jahre wieder hereinzuholen. Auch das Beschäftigungsbündnis stellte er infrage. Die Gewerkschaften Transnet und GDBA drohten daraufhin mit Streik, die GDL wollte sich dazu nicht äußern.
CDU und SPD kritisieren, Grüne und Die Linke fordern Konsequenzen
"Wenn er es nicht für verantwortbar gehalten hätte, hätte er nicht unterschreiben sollen", kritisierte Lippold Mehdorns Verhalten nach der Tarifeinigung mit der GdL im Deutschlandfunk. Kritik an der Einmischung Tiefensees wies er zurück. Immerhin sei der Bund Eigentümer der Bahn und habe damit sicher gelegentlich ein Mitspracherecht.
Der SPD-Politiker Roth forderte Mehdorn auf, sich zum Beschäftigungsbündnis zu bekennen, das betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2010 ausschließt. "Der Bahnchef stößt alle Bahnkunden vor den Kopf und legt sich mit den Arbeitnehmern an. Unprofessioneller geht es nicht", kritisierte er.
Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn rief Kanzlerin Angela Merkel auf, Mehdorn abzulösen. "Herr Mehdorn ist fehlfixiert auf den Börsengang, und er agiert wie ein cholerisches Rumpelstilzchen zulasten der Bahnkunden und des Bahnpersonals", sagte Kuhn der "Frankfurter Rundschau". Auch die Linksfraktion forderte Mehdorns Entlassung.
Kritik, aber keine Rücktrittsforderungen seitens der Regierung
Tiefensee sagte dem ZDF, er habe für Mehdorns heftige Reaktion kein Verständnis. Die Deutsche Bahn sei ein wirtschaftlich starkes Unternehmen, das seine Gewinne nicht zuletzt dank seiner Beschäftigten mache. Deshalb solle sich Mehdorn schnellstens mit den Mitarbeitern an einen Tisch setzen.

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Von Rücktrittsforderungen wollte die Regierung aber nichts wissen. "Herr Mehdorn soll seine erfolgreiche Arbeit fortführen", sagte eine Sprecherin von Minister Tiefensee. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm vermied eine eigene Stellungnahme und verwies auf Fragen zur Haltung der gesamten Regierung auf die Aussage der Ministeriumssprecherin.
Verständnis für Mehdorns Pläne aus dem Aufsichtsrat
Rückendeckung erhielt der Konzernchef aus dem Aufsichtsrat. "So ein Konzern ist keine Melkkuh, die im Himmel gespeist wird und an der unten alle ziehen können", sagte der CDU-Politiker Georg Brunnhuber der "Passauer Neuen Presse". Er ist auch Mitglied im Bahn-Aufsichtsrat. Entscheidend werde sein, dass die Bahn trotz steigender Kosten im kommenden Jahr Ausschreibungen im Nahverkehr nicht gegen die private Konkurrenz verliere.