Der arme Horst Seehofer. Erst am vergangenen Wochenende hatte er sich nach langem Hin und Her für eine Frau entschieden, für seine Frau, hat den medialen Dauerbeschuss ertragen, und hatte gehofft, jetzt wieder angreifen zu können im Sommerduell mit Erwin Huber. Und jetzt das: Schon wieder taucht eine Frau auf. Diesmal eine aus Fürth, keine Geliebte, wohl auch nicht schwanger, aber eine, die seine Aussichten auf den Chefposten der CSU endgültig zunichte machen dürfte: Gabriele Pauli.
Die CSU bietet beste valentinsche Gaudi
Dieses Jahr ist unendlich reich an saftigen Possen, mit denen die CSU das ganze Land, weit über die Grenzen Bayerns hinaus, bestens unterhält. Die Partei bietet barocke Gaudi im besten, valentinschen Sinne - und zerlegt sich dabei selbst: Erst der Stoibersche Sturz über die Affäre Pauli, dann die unendliche Seehofer-Saga, die Pauli-Bilder in "Park Avenue", das Duell Seehofer versus Huber und dazu immer wieder ein Edmund Stoiber, der einfach nicht weichen will. Während das Publikum lacht, verliert die Partei an Glaubwürdigkeit, der Nimbus, der Ruf der CSU zerbricht, hinter den Kulissen meucheln sich die Protagonisten gegenseitig.
Der Parteitag wird zu einem furiosen Finale
Dass Pauli, die Noch-Landrätin aus Fürth, jetzt um den Chefposten kämpft, dass sie es nach ihrem Sturz in die Lächerlichkeit, nach ihrem Sturz aus schwindelerregenden Höhen, trotzig noch einmal wissen will, das alles wird für ein unterhaltsames Sommertheater sorgen und für ein furioses Finale auf dem Parteitag Ende September in München.
Man muss sich das mal vorstellen: Rührselig, wie schon beim Politischen Aschermittwoch in Passau, wird die Halle Stoiber huldigen wollen, mit den üblichen weichgezeichneten Filmchen und den Defiliermärschen. Aber gleichzeitig werden sie Pauli auspfeifen, die sich wieder als mutige Johanna von Orleans inszeniert. Und in all dem Rummel sollen sich die Delegierten dann zwischen Seehofer und Huber entscheiden, die um den Vorsitz buhlen. Dieser Parteitag wird eine Schau, das krönende Finale dieses unterhaltsamen CSU-Jahres, tausend Mal besser als die Einlagen beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg.
Seehofer gerät in Sippenhaft
Chancen hat Pauli freilich keine. Aber sie macht Seehofers Chancen so gut wie zunichte: Denn mit Paulis Kandidatur wird den Delegierten, wird auch dem letzten Christsozialen von der Basis klar gemacht werden, dass jetzt Schluss sein muss mit Eskapaden à la Pauli - und auch à la Seehofer. Denn der Minister aus Ingolstadt, mit seinen Frauen-Geschichten, mit den dauernden "Bild"-Schlagzeilen, wird von der Pauli-Inszenierung in Sippenhaft genommen werden. Die Delegierten werden spüren, was für Gefahren der unberechenbare Show-Mann Seehofer in sich birgt - und was sie im Gegensatz dazu an dem bodenständigen Niederbayern Erwin Huber haben.
Der hat in den vergangenen Monaten vor allem durch Fleiß, Beständigkeit, vorsichtiges Voranschreiten und kontinuierliche Anwesenheit an der Basis auf sich aufmerksam gemacht. Gabriele Pauli dürfte seine Chancen auf den CSU-Vorsitz nun erheblich verbessern. Es ist eine weitere Ironie dieses CSU-Jahres, dass die verfemte Rebellin, den Sirenen der Eitelkeit verfallen, nicht nur den alten Chef gestürzt hat, sondern auch bei der Wahl des neuen kräftig mitmischt - und dabei das ganze Land prächtig unterhält. Im Winter. Wie im Sommer.
Horst Seehofer dürfte nach diesem Jahr erst einmal genug haben von Frauen - im Privaten wie in der Politik.