2017 sagte der Bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer am Politischen Aschermittwoch: "Bayern hat den höchsten Berg Deutschlands und die niedrigsten Schulden. Bayern ist einzigartig, Bayern ist ein Paradies." Oberstes Ziel in den darauffolgenden Monaten sei das Motto "Bayern zuerst". Und zumindest der letzte Teil stimmt auch für die Entstehung des Politischen Aschermittwochs: Erstmals wurde dieser in Bayern begangen.

Die Veranstaltung geht zurück auf das Jahr 1888, so steht es in einer Chronik des Historischen Lexikons Bayern (HLB). In jenem Jahr habe der Bezirksbienenzüchterverein Vilshofen eine "(politische) Versammlung" am Rande des alljährlich stattfindenden Viehmarktes abgehalten. Neben zahlreichen Bauern habe diese auch viele "normale Besucher gelockt".
Politischer Aschermittwoch nach Novemberrevolution
Der erste richtige Politische Aschermittwoch, bei dem es also ausschließlich um Politik ging, fand demnach am 5. März 1919 in den "anhaltenden Wirren nach den Folgen" der Novemberrevolution von 1918 statt. Der Bayerische Bauernbund habe am Aschermittwoch zu einer Volksversammlung geladen. Der Kampf zwischen dem "Zentralrat der Republik Bayern" und dem Landtag um die Macht in Bayern sei auch hier ausgetragen worden, wobei sich der Bauernbund für ein Rätesystem stark machte.
Zwischen 1933 und 1937 hielt nicht mehr nur der Bauernbund eine Kundgebung ab, sondern auch KPD und NSDAP. Und nach der Gleichschaltung der Nationalsozialisten dann nur noch die NSDAP.
Rechtsaußen-Sprüche und Stasi-Spitzel: Diese Politiker wurden schon aus der CDU/CSU verbannt

Anfang 2022 sorgte das CDU-Mitglied und damaliger Chef der erzkonservativen "Werteunion" für Aufsehen, als er für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte – auf Vorschlag der AfD. Sämtliche Mitgliederrechte wurden ihm entzogen, ein Verfahren zum Parteiausschluss wurde eingeleitet. Es handele sich um "einen dringenden und schwerwiegenden Fall schwer parteischädigenden Verhaltens, der ein sofortiges Eingreifen erforderlich macht", sagte Generalsekretär Paul Ziemiak. Kurz danach verabschiedete er sich von der politischen Bühne. "Das Amt des Bundespräsidenten oder die Kandidatur steht über den Parteien und am Ende einer politischen Laufbahn. Was soll danach noch kommen?"
Nach Gründung der Bundesrepublik bekamen sich vor allem die Bayernpartei und die CSU am Aschermittwoch in die Wolle. Mediale Bekanntheit erlangte das Treffen schließlich durch Franz Josef Strauß (CSU). Von 1953 bis 1988 sei er "der Aschermittwochsredner" gewesen, "der für enormen Zulauf sorgte". Mit ihm entwickelten sich jene legendären Redeschlachten, die den Ruf des Politspektakels begründeten.
1976 etwa tönte Strauß: "Weg mit den roten Deppen" und meinte den sozialdemokratischen Gegner. An jener krachledernen Art nahmen sich etliche Aschermittwochsredner fortan ein Beispiel. So gab auch Andreas Scheuer (CSU) 2018 seine Meinung über Sozialdemokraten zum Besten: "Der Sozi ist eigentlich grundsätzlich nicht dumm. Er hat nur viel Pech beim Nachdenken."
Aschermittwoch hat sich über Bayerns Grenzen hinaus verbreitet
Doch nicht nur CSU und Bayernpartei pflegen oder pflegten die Aschermittwochstradition und nicht nur in Bayern wird an diesem Tag gepoltert. Auch SPD, FDP, Grüne, ÖDP, Freie Wähler, AfD, Republikaner, Piraten- und auch Linkspartei luden in der Vergangenheit zum rhetorischen Schlagabtausch an diesem Datum.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Mit den Jahren hat sich die einst rein niederbayerische Aschermittwoch-Tradition auf große Teile Deutschlands ausgedehnt. Landauf und -ab gibt es unzählige große und kleine Veranstaltungen und Kundgebungen an jenem Tag.
Für 2024 zitiert die Nachrichtenagentur DPA aus der Einladung der sächsischen CDU die Worte des als Redner geladenen früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert: "Die Stabilität eines demokratischen Systems wird nicht – und schon gar nicht allein – durch einen gelungenen Verfassungstext garantiert, sondern durch die Entschlossenheit seiner Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die Geltung dieser Verfassungsordnung und ihrer Regeln für noch wichtiger zu halten als die Durchsetzung der jeweils eigenen Interessen."

Ob sich alle demokratischen Parteien samt ihrer Redner diesem Appell anschließen werden, bleibt abzuwarten. An inhaltlichen Kontroversen wird es dem Schlagabtausch am Politischen Aschermittwoch jedenfalls auch dieses Jahr nicht mangeln.
Quellen: HLB, "Süddeutsche Zeitung"