Deutscher Schulpreis Die fünf Laudationes

Eine Schule, die die Eltern in die Pflicht nimmt, sich um die Kleinen schon zu Kindergartenzeiten kümmert, eine Schule, die eine Pädagogik vertritt, die Kinder stark macht - so wird der Schulpreisgewinner aus Dortmund in der Laudatio gelobt.

Grundschule Kleine Kielstraße, Dortmund

Hauptpreisträger Schon neun Monate vor der Einschulung macht sich die Schule mit Lebenssituation und Entwicklungsstand der Kinder vertraut, und sie berät die Eltern. Die Kinder sind noch im Kindergarten, aber schon jetzt werden sie von der Schule angenommen und wahrgenommen. Alle Kinder. Sie stammen aus über 20 Nationen, für vier von fünf ist Deutsch nicht die Muttersprache, viele kommen aus mehrfach belasteten Familien.

Hier ist klar, dass Deutsch lesen, sprechen und schreiben zu können, vorrangige Bedeutung hat. Hier ist klar, dass, Gewalt geächtet wird und dass Leistung gefragt ist. Die Elternarbeit sucht ihresgleichen. Und die Schule nimmt die Eltern in die Pflicht, aber auch in ihre Obhut. Sie handelt als öffentliche Institution mit eigener Verantwortung und schützt die Kinder vor Gefährdungen und Belastungen - wenn es sein muss, auch gegen ihre Umgebung. Mitten in den Spannungsfeldern einer sozial komplexen, multinationalen, multiethnischen, multikulturellen Lebenswirklichkeit ermöglicht sie Kindern, Selbstvertrauen, Leistungsfreude, Zusammenhalt und demokratischen Geist zu erfahren und dadurch auch bei sich selbst auszubilden.

Die Grundschule Kleine Kielstraße verbindet pädagogische Leidenschaft mit professionellem Können und modernem Qualitätsmanagement, reformerische Vitalität und Entwicklungsdynamik mit verlässlichen Strukturen und Routinen. Sie ist beispielgebend für eine Pädagogik, die Kinder dafür stark macht, dass sie in der Welt von heute und morgen gemeinsam bestehen können.

IGS Franzsches Feld

Preisträger Die IGS Franzsches Feld bietet lebendige Anschauung dafür, wie eine humane Leistungsgesellschaft aussehen könnte, und wie gut es Jung und Alt dabei geht, weil es gelingt, unterschiedliche anspruchsvolle Ziele zugleich zu verfolgen: Die Entfaltung individueller Fähigkeiten, aber auch Verantwortung für gemeinsame Aufgaben, für Schwächere oder Jüngere, entschiedenes Leistungsstreben, aber auch die tätige Sorge dafür, dass niemand verloren geht und dass nicht durch die Herkunft über die Zukunft entschieden wird.

Wie das geht? Durch eine ausbalancierte Mischung aus innerer und äußerer Differenzierung, durch lerndiagnostische Begleitung und Förderung, durch regelmäßige Evaluation, durch ausgewogene Arbeitseinheiten. Dazu gehören aber auch die Lehrerfortbildung, die Partnerschaft mit anderen pädagogischen Experten und mit Spitzenleuten und Institutionen aus Wirtschaft, Sport, Kunst oder Wissenschaft. Die IGS Franzsches Feld erscheint auf so selbstverständliche und grundlegende Weise leistungsstark und demokratisch, dass man übersehen könnte, was dahinter steckt: pädagogische Professionalität.

Max-Brauer-Schule, Hamburg

Preisträger Die Vision der Max-Brauer-Schule heißt: "Dem Lernen Zeit geben". Das ist ein pädagogischer Kontrapunkt gegenüber einer belasteten, hektischen, für Kinder auch gefährlichen Umgebung. Die Schule hat dazu vieles erfunden und erprobt - von der Profiloberstufe, die Fächer bündelt, bis zur "Neuen Max Brauer-Schule", einem didaktisch-methodischen Umbau von innen gleichsam unter vollen Segeln.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Lernbüros, Projekte und Werkstattarbeit werden verbunden zu einem Konzept, das Individualisierung mit sozialem Lernen sinnreich zusammenfügt, das die Einübung von Grundfertigkeiten mit praktischem Lernen durch Versuch und Irrtum verknüpft, und das Wagemut mit Selbstdisziplin, Pauken mit Probieren spannungsvoll kombiniert. Die Schule lebt und webt in einem Netz von Herkunftskulturen, Lernorten und Kooperationsbeziehungen.

Sie hat längst entdeckt und umgesetzt, dass Evaluation hart ankommt, aber auch weiterhilft, dass Elternarbeit belastet, aber auch trägt, Demokratie mühsam ist, aber mündig macht und dass Reform eine Daueraufgabe ist, die Kräfte bindet, aber genauso auch freisetzt. Schule als pädagogische Erfinderwerkstatt – so könnte man die Max-Brauer-Schule und ihren Geist charakterisieren.

Jenaplan-Schule, Jena

Preisträger In der Wendezeit beschließt eine Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern, den Dunstkreis pädagogischer Ideologie ein für allemal hinter sich zu lassen. Ihre Schule soll die Kinder in den Mittelpunkt stellen - Kinder ganz verschiedener Begabungen, Lebens- und Schulschicksalen, von der Vorschule bis zum Abitur. Das bestimmt Maß und Ziel der Jenaplan-Schule bis heute, es bestimmt ihr Verständnis von Lernen und Leistungsbewertung, von Didaktik, Schulleben und Lehrerberuf. Sie hat dabei viel DDR-Ballast abgeworfen, aber nicht nur das. Sie hat Konzepte, Impulse und Debatten in Ost und West darauf geprüft, was für ihre Arbeit taugt. Und auch die eigene Arbeit hat sie immer wieder kritischer Bewertung ausgesetzt.

Als staatliche Schule hat sie den staatlichen Lehrplan gewissermaßen zerlegt und als schuleigenen Lernplan neu zusammengesetzt. Ihr berühmtes Vorbild, den historischen Jenaplan, hat sie aufgegriffen und zugleich überwunden. Altersmischung und Jahrgangsunterricht, individuelle und gemeinschaftliche Lernformen, fachlicher und fächerverbindender Unterricht sind neu aufeinander abgestimmt.

Sie begegnet Eltern und Schülern mit Achtung und erwartet von ihnen Leistung, Engagement und vernünftigen Gebrauch der Freiheit. Ihr neuer Jenaplan setzt auf pädagogische Wahrheitsliebe und demokratische Gesinnung.

Offene Schule Waldau, Kassel

Preisträger Eine Schule, die in einer Welt, in der das Trennende wächst, das Verbindende stärkt. Sie verbindet: Kinder sehr unterschiedlicher Herkunft und Begabung, Lehrer, Eltern und Sozialpädagogen, Unterricht und Freizeit, Schule und Stadtteil. In bester reformpädagogischer Tradition bildet sie Kopf, Herz und Hand. Sie verbindet Praxis, Wissenschaft und Lehrerbildung. Sie kümmert sich um Kinder mit Lern- und Körperbehinderungen ebenso wie um die oft übersehenen Hochbegabten.

"Freies Lernen" ist hier ein regelrechtes Fach. Hier wird gelernt, wie man immer mehr Verantwortung für das eigene Lernen übernimmt, für seine Organisation, Präsentation und Bewertung, für Thematik, Didaktik und Rhetorik. Die Zusammenarbeit aller Gruppen ist selbstverständlich. Der Religionsunterricht vereint Kinder verschiedener Konfession. "Langsam - leise - freundlich - friedlich" - so fordert es die Schulordnung. Nicht nur auf dem Papier. Es ist das Lebensprinzip dieser Schule: die ins Alltägliche hinein wirksamen Formen und Normen ihrer Lernkultur.