Ein Stuhl in der Parteitagshalle in Berlin-Kreuzberg bleibt leer. "Reserviert für Pessimisten" hat die FDP drauf geschrieben. Ein kleiner Gag, damit kein Zweifel aufkommt: Die Partei hat ihre Verzagtheit hinter sich gelassen. "German Mut" lautet das neue Motto. Damit jeder die neue Zuversicht sieht, haben die Liberalen ihre Halle in blau-gelb-magenta dekoriert, auf den Tischen Energiedrinks platziert. Es sieht alles so jung aus. So agil. Wie bei einem Schülersprechertreffen.
Die Wahlerfolge in Hamburg und Bremen geben der Partei in der Tat Gründe, die APO-Depression hinter sich zu lassen. Gute Laune und eine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung sind für die FDP sogar überlebenswichtig. Denn die Partei scheiterte auch deswegen, weil die Wähler genug hatten von innerparteilichen Stellungskriegen, dem Selbsthass und Dauerstreit mit dem Koalitionspartner. Die Partei ist nicht an ihren Inhalten gescheitert, sondern an ihrem Image.
Niederlagen disziplinieren
Inhaltlich ist die FDP unter dem Parteivorsitzenden Christian Lindner ganz die alte: mehr Freiheit, dafür weniger Bürokratie, Bevormundung und Bespitzelung. Und - der Klassiker - ein einfaches Steuersystem. Guido Westerwelle oder Philipp Rösler hätten das auch unterschrieben. Lindner muss dafür sorgen, dass diese Inhalte zukünftig überhaupt wahrgenommen werden - und nicht wie früher im Spektakel der FDP-Sebstbeschäftigung untergehen.
Die Niederlagen haben die FDP diszipliniert. Lästereien hat die Parteispitze eingestellt. Die Landesverbände wissen, dass sie nur gewinnen können, wenn sie mit und nicht gegen den Parteivorsitzenden arbeiten. Und trotzdem sind die kommenden Wahlen keine Selbstläufer.
Die Herren Spröd und Badisch
In Hamburg und Bremen zogen junge, attraktive Spitzenkandidatinnen die Aufmerksamkeit auf sich. In Rheinland-Pfalz tritt 2016 ein 45-Jähriger an, der Finanzmarktregulierung zwar fehlerfrei erklären kann, aber ungefähr so spröde ist, wie es seine Kompetenzen vermuten lassen. In Baden-Württemberg schicken sie einen 53-Jährigen ins Rennen, dessen Badisch jenseits der Landesgrenzen schwer verständlich ist, sobald er zu Hasstiraden über die Grünen ansetzt. Sind das Protagonisten, die in die neue, kunterbunte Optimusmuskampagne der FDP passen? Die wahren Herausforderungen stehen der Partei erst noch bevor.
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