War es Zufall oder ein verräterisches Zeichen? Zur Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin über das Thema Energiepolitik gab es für die Journalisten zwecks Information nur ein Blättchen Papier. Darauf waren die Teilnehmer der groß angekündigten Konferenz im Kanzleramt zum Thema "Energiewende" samt akademischer Titel säuberlich notiert. Vier Bundesminister hatten daran teilgenommen, darunter die für die Energiepolitik Hauptverantwortlichen, Wirtschaftsminister Philipp Rösler, FDP, und Umweltminister Peter Altmaier, CDU. Daneben natürlich noch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, der Präsident des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, der Chef der IG Bergbau und der Präsident des Deutschen Naturschutzrings. Gewiss, allesamt gewichtige Herren im eminent wichtigen Revier der Energieversorgung. Aber außer den Namen gab es offenbar nichts mitzuteilen. Es gab keine Botschaft, auch nicht von der Kanzlerin.
Angela Merkel formulierte lediglich den bedeutungsschwangeren Satz, es gebe keinen Zweifel, "dass wir eine erfolgreiche Energiewende wollen". Doch wie die aussehen soll, wie viel sie unterm Strich uns Bürger kosten wird - dazu gab es nur blablabla. Inoffiziell wurde noch die Botschaft nachgeschoben, sie wolle die Stromrabatte der Industrie rasch begrenzen. Doch wann und um wieviel, darüber gab es keine konkrete Botschaft.
Verkauft von den Beteiligten wurde letztlich eine Energiewende weitgehend ohne jeden Strom. Außer Reisespesen in den dicken Dienstwagen der Beteiligten war offenbar wenig bis nichts gewesen.
Strom als Luxusgut für die Gefrierschränke der Reichen
Die Verbraucher, deren Stromrechnung Woche für Woche weiter nach oben klettert, fanden nicht statt. Kein Satz fiel zu der Frage, weshalb die größten Stromverbraucher in Deutschland von Netzgebühren in dreistelliger Millionenzahl befreit sind. Weshalb andererseits auf den normalen Stromkunden eine Kostenlawine zukommt, die den Eindruck erweckt, dass alsbald der Strom zum Luxusgut für die Gefrierschränke der Reichen wird, wie Gerd Billen, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) unlängst beklagte.
Und kein Wort war zu hören, was es denn bedeutet, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf die Befreiung der zahlreichen Unternehmen mit sehr hohem Energiebedarf, die nicht einen müden Euro zahlen müssen, als unrechtmäßige Subvention verurteilt hat. Und natürlich gab es auch nichts zu sagen zu der Tatsache, dass soeben die EU-Kommission die Frage gestellt hat, ob die Befreiung der großem Stromversorger vom Netzentgelt, das sonst alle mitbezahlen müssen, nicht eine staatliche Beihilfe darstelle – was nach den EU-Verträgen verboten ist. Das treffe doch nicht zu, wurde in einem knappen Satz erklärt – ohne jede Begründung wieso und warum.
Zu den Nutznießern dieser Form der Energiewende gehören auch die - ganz gewiss – bitterarmen Golfclubs. Weil die, so die absurde Begründung, ja den Hauptstromverbrauch in der Nacht hätten, um ihre Greens zu wässern und zu pflegen. Otto Normalverbraucher wird dafür geschröpft, denn der muss jetzt schon eine um durchschnittlich 11,50 Euro höhere Stromrechnung bezahlen. Stromfresser werden geschont, die Bürger ausgenommen. Und Umweltminister Altmaier tröstet darüber hinweg, dass er die Kostenverteilung "erträglich" machen wolle.
Der Bürger kann ja noch einsehen, dass er sich am Ausbau der sogenannten Netzentgelte beteiligen und dafür für eine gewisse Zeit höhere Strompreise bezahlen muss. Ausbau und Unterhalt der Stromnetze sind schließlich zu finanzieren. Aber dass dafür der Industrie allein 2013 rund 640 Millionen Euro erlassen werden, das sollte die blitzschnelle Energiewenderin Merkel einmal einem Hartz-IV-Bürger oder Wohngeld-Empfänger erklären. Diesem Dialog würde man gerne zuhören. Da würde nur dieser Satz der Kanzlerin überzeugen: Es sei doch glasklar, dass in der Energiepolitik einige gleicher sind als andere. Die Strompreispolitik, gemessen am Ergebnis der aktuellen Sonderkonferenz, ist eine Schummelpackung erster Güte.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert eine Energiepolitik, "bei dem die Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht die Profite weniger Großkonzerne". Man müsste hinzufügen: Und nicht der Gedanke, dass deren Bosse auch noch preisgünstig Golf spielen können müssen.