Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über Enteignungen nach der Wiedervereinigung wird intensiv über Entschädigungen diskutiert. Nach Ansicht des Bundeslandwirtschaftsministeriums hätten die Länder eine Entschädigungsleistung zu tragen. Agrar-Staatssekretär Gerald Thalheim (SPD) nannte die Straßburger Entscheidung erstaunlich. Schließlich sei die deutsche Regelung vom Bundesverfassungsgericht für rechtens erklärt worden, sagte er der "Leipziger Volkszeitung".
"Die Entscheidung kam für alle überraschend"
Ähnlich reagierte der für die neuen Länder zuständige Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD): "Die Entscheidung kam für alle überraschend", sagte er der "Sächsischen Zeitung" (Freitag). Jetzt würden die rechtlichen und ökonomischen Konsequenzen geprüft.
Kosten in Milliardenhöhe
Der Straßburger Gerichtshof entschied am Donnerstag, die Enteignung von 70.000 Grundstücken nach der Wiedervereinigung habe gegen die Menschenrechte verstoßen. Auf den deutschen Staat könnten nun Kosten in Milliardenhöhe zukommen, wenn das Urteil auch in letzter Instanz bestätigt wird: Zehntausende Grundstückserben ehemaliger DDR-Bauern könnten dann mit einer Entschädigung rechnen.
Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière forderte vom Gesetzgeber eine Korrektur der Enteignungen. "Ein Rückabwicklungsgesetz wäre die sauberste Lösung", sagte de Maiziere der "Sächsischen Zeitung". Dabei sollte sehr großzügig verfahren und Rückgabe wie Entschädigung möglich gemacht werden.