EU-Jahrestag Merkel fordert europäische Armee

Am Wochenende gibt es in Berlin die große Europa-Sause zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge. Die EU-Ratsvorsitzende und Kanzlerin Merkel hat nun verraten, wie sie die EU der Zukunft sieht - und was sie von einem Bundesstaat Europa hält.

Was tun, wenn's brennt - und die Europäische Union eingreifen will, militärisch, irgendwo auf dieser Welt? Die amtierende EU-Ratsvorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf diese Frage nun eine neue, alte Antwort gegeben. "Wir müssen einer gemeinsamen europäischen Armee näher kommen", sagte sie der "Bild"-Zeitung in einem Interview, das unmittelbar vor Beginn der Berliner Europa-Sause zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge wie eine Grundsatzerklärung der Kanzlerin zu Europa daherkommt. Neben dem Bekenntnis zu einer europäischen Armee sagte die Kanzlerin, dass die EU-Kommission handlungsfähiger werden müsse - und zwar mit "klar geregelten Zuständigkeiten." Einem förderalen Bundesstaat erteilte sie eine Absage. "Einen europäischen Bundesstaat wird es auch in 50 Jahren nicht geben, wir werden die Vielfalt der Nationalstaaten behalten."

Auftakt zu Europa-Sause in Berlin

Merkels Äußerungen dienen als Auftakt zu dem so genannten "informellen Treffen" der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, das am Sonntag in Berlin stattfindet. Bei dieser Gelegenheit soll mit großem Tamtam eine "Berliner Erklärung" verabschiedet werden, die dem Projekt Europäische Union neues Leben einhaucht. Um den Inhalt der Erklärung wird vorab allerhand Geheimniskrämerei betrieben. In Sachen EU-Verfassungsvertrag will man sich, nachdem was bislang bekannt geworden ist, eher bedeckt halten. Vor knapp zwei Jahren hatten ablehnende Referenden in Frankreich und den Niederlanden der Verfassung den Garaus gemacht. Seitdem wird versucht, eine Lösung zu finden, wie unstrittige Teile des Textes in einen neuen Vertrag gegossen werden können.

Europas Wesensart: Toleranz

Merkel sagte der "Bild"-Zeitung, in der "Berliner Erklärung" wolle sie die gemeinsamen Wertvorstellungen der EU-Staaten herausstellen. Dabei lasse sich die Wesensart Europas "in einem Wort zusammenfassen: Toleranz." Das Gesellschaftsmodell Europas ziele "auf Ausgleich und Gemeinsamkeit", sagte die Kanzlerin. "Das heißt zum Beispiel, dass Gut-Verdienende höhere Steuersätze zahlen und dass wir ein solides Sozialsystem haben. Aber wir müssen darauf achten, dass soziale Sicherheit mit Freiheit und Verantwortung des Einzelnen verbunden sind." Die Europäer müssten "gemeinsam eintreten für unsere Wertvorstellungen, weil die Welt sich stets verändert. Diese europäische Art zu leben, das was uns ausmacht, wollen wir auch in der Erklärung zum 50. Jahrestag der EU beschreiben", sagte Merkel.

"Das ist gut investiertes Geld"

Zur Frage der hohen Kosten der EU-Osterweiterung sagte Merkel: "Man muss alle Posten der Rechnung betrachten: Was würde es uns kosten, wenn die osteuropäischen Länder nicht wirtschaftlich vorankämen? Wenn das Gefälle bei Umwelt- und Lohnstandards nicht kleiner würde? Ich sage: Unter dem Strich ist das, was wir nach Europa geben, deshalb gut investiertes Geld."

DPA
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