Fraktionsvorsitz Die Union steht geschlossen hinter Merkel

Angela Merkel geht gestärkt in Koalitionsverhandlungen: Die CDU-Parteivorsitzende wurde mit einem Traumergebnis von fast 99 Prozent als Fraktionsvorsitzende der Union bestätigt.

Mit einem traumhaften Wahlergebnis hat die neue CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Kanzlerkandidatin Angela Merkel den Rücken gestärkt für die Bemühungen um die Bildung einer Regierung unter ihrer Führung. Wie CSU-Landesgruppenchef Michael Glos mitteilte, wurde Merkel mit 98,64 Prozent der Stimmen in ihrem Amt als Fraktionsvorsitzende bestätigt. Drei Abgeordnete hätten mit Nein gestimmt.

Zur Wiederwahl vorgeschlagen worden war sie vom CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber. Bei ihrem Amtsantritt als Fraktionschefin war Merkel im September 2002 mit 92,2 Prozent der Stimmen gewählt und ein Jahr später mit 93,7 Prozent im Amt bestätigt worden.

Der neuen Unionsfraktion im Bundestag gehören 225 Abgeordnete an, 22 weniger als in der letzten Legislaturperiode. Merkel sprach von einem "eindrucksvollen Votum". Es unterstreiche, dass die CDU/CSU als stärkste Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung habe. "Wir stehen vor einer schwierigen, aber lösbaren Aufgabe," sagte sie. Die CDU/CSU sei gewillt, ihre staatspolitische Verantwortung wahrzunehmen.

Merkel hatte am Montag erste Sondierungsgespräche mit FDP, SPD und Grünen noch für diese Woche angekündigt. Führende Politiker von CDU und CSU unterstrichen erneut den Anspruch der Union auf Bildung einer Regierung unter Führung Merkels. Dabei wurde erstmals auch der Gedanke einer von den Grünen tolerierten schwarz-gelben Minderheitsregierung ins Gespräch gebracht. Nach Ansicht des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Christoph Böhr wird die Entwicklung «möglicherweise schon ganz bald» darauf hinauslaufen, dass sich Merkel ohne vorherige Koalitionsvereinbarung im Bundestag zur Wahl stellt und dann möglicherweise mit Stimmen von FDP und Grünen im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt wird. Das müsse dann nicht zwingend eine Minderheitsregierung sein, sagte Böhr im Deutschlandfunk. Wenn die Grünen zur Wahl Merkels bereit wären, dann wäre das "eine Offerte auch an uns, über mehr Gemeinsamkeiten nachzudenken".

Demgegenüber sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU), eine Minderheitsregierung könne er niemandem empfehlen. Damit könne man ein Land bestenfalls eine gewisse Zeit verwalten, aber nicht gestalten, sagte Böhmer im Deutschlandradio Kultur. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wandte sich in Düsseldorf ebenfalls gegen Gedankenspielen über eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung. Deutschland brauche angesichts der ökonomischen Krise möglichst rasch eine stabile Regierung.

"Karneval" bei der SPD

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach kritisierte im NDR die Argumentation der SPD, sie als stärkste Partei müsse den Kanzler stellen, als "Karneval". Im Bundestag seien es nicht Parteien, die die Fraktionen bildeten, sondern Abgeordnete, sagte Bosbach. Die Parlamentarier von CDU und CSU hätten drei Sitze mehr als die SPD. "Und deshalb werden wir an dem Anspruch auf Kanzlerschaft von Frau Merkel selbstverständlich festhalten", betonte der CDU-Politiker. Der bayerische Innenminister Günter Beckstein (CSU) warf Schröder vor, sich nicht an die demokratischen Spielregeln zu halten. Dennoch plädierte er im Bayerischen Rundfunk gegen ein Bündnis mit den Grünen und für eine große Koalition unter Führung Merkels. "Als Juniorpartner unter der SPD stehen wir nicht zur Verfügung." Sich ein Bündnis mit den Grünen vorzustellen, habe er "allergrößte Schwierigkeiten".

DPA · Reuters
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