SPD-Chef Franz Müntefering hält an seiner Kapitalismuskritik fest. Müntefering sagte in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Hannoverschen "Neuen Presse", er wolle die Debatte jetzt forcieren. Es gehe vor allem um das Grundsatzprogramm der SPD, welches die Leitlinie für die nächsten 25 Jahre darstelle. Die Sozialdemokratie müsse etwas dazu sagen, "wie wir in Zeiten der Globalisierung eine soziale Marktwirtschaft bleiben können und nicht in die Marktwirtschaft pur abrutschen", wurde er zitiert.
Vier Maßnahmen vorgestellt
Als Konsequenz aus seiner Kapitalismuskritik verwies Müntefering auf vier konkrete Maßnahmen: Die Öffnung des Entsendegesetzes für alle Branchen, die Veröffentlichung von Managergehältern, die Versorgung kleiner und mittlerer Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten, sowie die Schaffung von einheitlichen Steuersätzen in Europa. Berichte jedoch, dass es sich dabei um ein Programm handele, hat die SPD zurückgewiesen.
Zum Vorwurf des Historikers Michael Wolffsohn, Müntefering betreibe mit seinem Heuschrecken-Vergleich Hetze wie einst die Nazis, sagte der SPD-Politiker: "So einen Unsinn kommentiere ich nicht." Ähnlich äußerte sich SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter in der "Westfälischen Rundschau". Benneter wies auch den Vorwurf einer pauschalen Kapitalismuskritik zurück. Die große Zahl der Unternehmer handele verantwortungsvoll, es gebe aber "Auswüchse", wurde er zitiert. Die SPD wolle deshalb eine Grundsatzdebatte über die soziale Marktwirtschaft anstoßen. Benneter forderte die Union auf, "endlich aus der Deckung zu kommen" und eine klare Meinung dazu zu sagen.
Scharfe Kritik aus der CDU
CDU-Generalsekretär Volker Kauder warf Müntefering vor, mit seiner "in höchstem Maße unverantwortlichen Hetzkampagne" gegen Unternehmer und Investoren Arbeitsplätze zu vernichten. Der "Bild"-Zeitung sagte der CDU-Politiker: "Diese Art der Politik schadet unserem Land." Fehler einzelner Manager in der Vergangenheit rechtfertigten nicht die "pauschale Verunglimpfung" der Wirtschaft.
Die Regierungsmitglieder der SPD sind in unterdessen auf die Unternehmen zugegangen. Zusammen mit dem grünen Koalitionspartner hat das Bundeskabinett weitere Steuerentlastungen für Unternehmen beschlossen. Die Regierung billigte am Mittwoch Gesetzentwürfe zur deutlichen Entlastung mittelständischer Familienunternehmen bei der Erbschaftsteuer und für eine Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent. Mit beiden Gesetzesvorlagen sollen Beschlüsse des Job-Gipfels von Mitte März umgesetzt werden. Koalition und Opposition streiten seither jedoch über die Finanzierung der Reformpläne. Trotz der Differenzen wird eine Einigung bis zur Sommerpause angestrebt.