Kritik kommt vor allem aus den Reihen der SPD. "Wir wollen im Bundestag noch Verbesserungen erreichen. Bei der Gesundheitsreform geht es nicht um die Rettung der großen Koalition, sondern um die optimale medizinische Versorgung der Menschen", sagte der Sprecher der SPD- Linken, Ernst Dieter Rossmann, der Zeitung "Die Welt".
Die Grundsätze Vorbeugung, Solidarität und stärkere Effizienz müssten stärker beachtet werden. In der Bundestagsfraktion werde es am 17. und 24. Oktober kritische Debatten geben. Die geplante Zusatzprämie von acht Euro belaste Geringverdiener. Ein schlechtes Zeichen sei auch die Verschiebung des Gesundheitsfonds auf 2009.
Auch der SPD-Experte Karl Lauterbach äußerte massive Zweifel an der Zustimmung seiner Fraktion zum Gesundheitskompromiss." Auch der konservative Teil und die Mitte kann schlecht akzeptieren, dass Kopfpauschalen ohne Sozialausgleich eingeführt werden sollen", sagte Lauterbach in einem dpa-Gespräch. Der geplante Pauschalzuschlag von acht Euro zu Lasten der Versicherten werde den meisten Kassen nicht ausreichen. Lauterbach zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Kompromiss in den parlamentarischen Beratungen noch verändert wird.
Kritik am Zwist
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) übte Kritik am öffentlichen Zwist der Union vor der Einigung auf den Koalitionskompromiss. "Dieses öffentliche Diskutieren hat den Eindruck einer gewissen Zerstrittenheit hinterlassen und das fand ich auch nicht gut", sagte er am Freitagabend im ZDF-"Heute Journal".
Nach einem Bericht des "Münchner Merkur" übte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, intern massive Kritik an der Verhandlungsführung von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Unter Berufung auf Mitglieder des CSU-Präsidiums zitierte die Zeitung Ramsauer mit den Worten, man habe "mehrere harte Gespräche" miteinander führen müssen, um dem CDU-Kollegen deutlich zu machen, dass die Interessen der Länder stärker berücksichtigt werden müssten. Ramsauer selbst nannte dies "erstunken und erlogen".
Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) knüpfte die Zustimmung zum Gesundheitskompromiss an die konkrete Regelung der geplanten Einsparungen bei den Kliniken. Der Kompromiss gehe "in die richtige Richtung". Trotzdem erwarte er keinen langen Bestand der Reform, sagte Laumann der "Welt".
Kirche kritisiert Besserwisser in der Politik
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann warnte vor überflüssigen Auseinandersetzungen um den Gesundheitskompromiss. "Bis hinein in die beteiligten Parteien gibt es überall schnell Besserwisser, die bald wieder alles in Frage stellen", schrieb er in der "Mainzer Allgemeine Zeitung". Ein Kompromiss werde schon bei der Veröffentlichung wieder zerredet.

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Sozial Schwache werden benachteiligt
Sozialverbände forderten in der "Berliner Zeitung" (Samstag), sozial Schwache vor weiteren Belastungen durch die Gesundheitsreform zu verschonen. "Menschen mit niedrigen Einkünften können die zusätzlichen Belastungen aus eigener Kraft kaum kompensieren", sagte Bernd Niederland von der Volkssolidarität. Walter Hirrlinger vom Sozialverband VDK schlug vor, besonders Benachteiligten den Zusatzbeitrag, der künftig von den Krankenkassen erhoben wird, zu erlassen.