Grabrede für Filbinger Umfrage-Debakel für Oettinger

Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger hat sich für seine Filbinger-Rede entschuldigt - doch das reicht den Deutschen nicht. 47 Prozent fordern laut einer stern-Umfrage, er solle seine Äußerungen zurückziehen. Noch deutlicher fällt das Meinungsbild in Oettingers Heimat aus.

Einfach nur Bedauern reicht nicht: Zwar hat sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger bei den Opfern der Nazi-Diktatur für seine Grabrede auf Filbinger entschuldigt. Gleichzeitig nahm er aber seine Äußerung, Filbinger sei Gegner des Regimes gewesen, nicht zurück. Und genau dies stört offenbar die Deutschen: Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für den stern sind 47 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Oettinger seine verharmlosenden Äußerungen über die Tätigkeit des früheren Ministerpräsidenten als Marine-Richter im Zweiten Weltkrieg zurücknehmen sollte. 33 Prozent der Befragten sind gegen eine Rücknahme, 20 Prozent antworteten mit "weiß nicht".

Auch Unionsanhänger distanzieren sich

Auch unter den Anhängern der Union ist die Meinungsbildung klar: 45 Prozent plädieren dafür, dass sich der Ministerpräsident von seiner Rede distanziert, 39 Prozent sind nicht dieser Ansicht. In Baden-Württemberg spricht sich sogar eine deutliche Mehrheit von 60 Prozent dafür aus, dass Oettinger seine Rede zurücknehmen soll, nur 33 Prozent sind dagegen.

"Habe das nie behauptet"

Nach der massiven Kritik der letzten Tage hatte sich Oettinger für Äußerungen über seinen Vorgänger und einstigen Nazirichter Hans Filbinger entschuldigt. "Es war nie meine Absicht, die Verfolgten und die Opfer zu verletzen. Sollte das geschehen sein, tut es mir leid. Und dafür entschuldige ich mich auch", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung laut Vorabbericht vom Sonntag. "Betroffen macht mich, wie mir unterstellt wird, ich hätte Hans Filbinger zum Widerstandskämpfer erklärt. Er war es nicht und ich habe das nie behauptet."

Vergangene Woche hatte Oettinger bei der Trauerfeier für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten Filbinger als Gegner der nationalsozialistischen Diktatur gewürdigt. Seine Äußerungen bekräftigte Oettinger am Sonntag, am Montag sprach er nur noch von der "inneren Distanz", die Filbinger gehabt habe. Filbinger hatte als NS-Marinerichter Todesurteile mitgefällt und Exekutionen befohlen.

Fischen bei den Rechten

In dem "Bild"-Interview wies Oettinger Vorwürfe zurück, er habe mit seinen Äußerungen am rechten Rand fischen wollen. "Das war und ist nicht meine Absicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich aufgrund meiner politischen Grundhaltung und meiner Werte vom rechten Rand weit entfernt bin." Er finde es aber enttäuschend, dass inzwischen "eine differenzierte Betrachtung" kaum noch möglich sei.

SPD und Grüne hatten Oettingers Erklärungsversuche als völlig unzureichend bewertet und in Zweifel gezogen, ob er Ministerpräsident bleiben könne. Der Zentralrat der Juden forderte seinen Rücktritt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Oettinger zunächst in einem Telefonat und anschließend öffentlich für die Rede gerügt. Mit dem Zentralrat will sich Oettinger noch diese Woche zu einem Austausch treffen.

mit Reuters