Grundgesetzänderung Parteienstreit über Bundeswehr

Verteidigungsminister Franz Josef Jung will der Bundeswehr auch die Geiselbefreiung im Ausland zu ermöglichen. Sein Vorstoß stieß auf scharfen Widerstand vom Koalitionspartner SPD und von der Opposition.

Die Freilassung des gekaperten Containerschiffs "Hansa Stavanger" hat den wiederholt geführten Streit über eine Grundgesetzänderung für mehr Befugnisse der Bundeswehr neu entfacht. "Wir sollten über eine Verfassungsänderung nachdenken, die der Bundeswehr den Zugriff dann ermöglicht, wenn die Polizei nicht handeln kann, da sie beispielsweise gar nicht am Ort des Geschehens ist", sagte Jung der "Bild am Sonntag". Spätestens nach der Bundestagswahl wolle er dieses Thema wieder auf die Tagesordnung setzten. "Und: Diese Diskussion ist nicht nur mit Blick auf das Ausland zu führen, sondern auch mit Blick auf bestimmte Situationen im Innern."

Wahlkampf mit dem Leiden der Geisel

SPD-Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Debatte am Sonntag in Erfurt als unnötig. "Ich finde es nicht gut, dass jetzt versucht wird, aus der Rückkehr der Geiseln politisches Kapital zu schlagen." Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) wies die Forderung ebenfalls zurück. Die Bundeswehr dürfe bereits im Rahmen der Operation "Atalanta" vor dem Horn von Afrika Geiseln aus der Hand von Piraten befreien, eine Verfassungsänderung sei dazu nicht notwendig, sagte sie dem "Hamburger Abendblatt" (Montag). Die Union hatte Jungs Forderung bereits im Mai im Bundestag diskutieren lassen, stieß aber auch damals schon bei der SPD und sämtlichen Oppositionsparteien auf Ablehnung.

Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin bezeichnete Jung in einer Mitteilung als "unbelehrbaren Wiederholungstäter" und meinte: "Er kann’s nicht lassen." Die Innenpolitikerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Pau, bezeichnete Jungs Vorstoß aus Anlass des Geiseldramas um die "Hansa Stavanger" als "besonders perfide". In einer Mitteilung kritisierte sie am Sonntag: "Das Schicksal der Seeleute eignet sich wahrlich nicht als Spielball innenpolitischer Zündeleien im Wahlkampf des Ministers."

DPA
DPA