Hamburger Senat Tag der Entscheidung

Die Hamburger Bürgerschaft entscheidet heute über die Zukunft des Mitte-Rechts-Senats. Am Nachmittag wird der Nachfolger des gefeuerten Innensenators Roland Schill gewählt.

Zwei Wochen nach dem Schill-Eklat entscheidet die Hamburger Bürgerschaft heute über die Zukunft des Mitte-Rechts-Senats. Nagelprobe für das knapp zwei Jahre alte Regierungsbündnis aus CDU, Schill-Partei und FDP ist die Wahl von Dirk Nockemann zum Nachfolger von Ronald Schill als Innensenator der Hansestadt. Fällt Nockemann bei der Abstimmung durch, wäre das nach Einschätzung der Regierungspartner das Ende ihrer Koalition. SPD und Grüne haben bereits Neuwahlen gefordert.

Vor der Abstimmung warnte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) mögliche Abweichler im Landesparlament. "Wer nicht mithält, wischt sich selbst eins aus", sagte Beust in der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Alle Koalitionsabgeordneten wüssten, dass nach einer Niederlage ihre Aussichten bei Neuwahlen schlecht seien. Beust rechne darum mit einer Mehrheit für Schills Nachfolger.

Auch die Fraktionschefs von CDU, Schill-Partei und FDP zeigten sich am Dienstag sicher, dass bis auf Schill selbst alle anderen 63 Abgeordneten für Nockemann votieren. "Es ist der Tag der Entscheidung. Alle wissen, worum es geht", sagte CDU-Fraktionschef Michael Freytag. Sein Kollege von der Schill-Partei, Norbert Frühauf, erklärte: "Niemand aus der Fraktion will Steigbügelhalter für Rot-Grün werden - auch nicht Herr Schill." FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller Sönksen meinte, die Abgeordneten würden "um der Sache Willen zusammenrücken".

Schills Pläne weiter offen

Die schwere Rathauskrise hatte am Dienstag vorvergangener Woche ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Beust hatte Schill gefeuert, nachdem dieser ihm seine Homosexualität vorgehalten und behauptet hatte, Beust unterhalte eine Liebesbeziehung zu Justizsenator Roger Kusch (CDU). Beust will nun Nockemann zum Senator ernennen. Heute soll die Ernennung des Schill-Politikers dann in der Bürgerschaft bestätigt werden. Für den Fall eines Scheiterns Nockemann, hat die SPD am Dienstag eine Sitzung des Landesvorstandes angesetzt, auf der bereits ein Herausforderer Beusts für etwaige Neuwahlen bestimmt werden könnte.

Die politischen Pläne Schills blieben bis Dienstagnachmittag weiter offen. Der Bundesvorsitzende der Schill-Partei, Bausenator Mario Mettbach, sagte, bei einem Gespräch mit Schill am Sonntag habe dieser nicht gesagt, ob er sein Bürgerschaftsmandat annehmen wolle und ob er zur Wahl Nockemanns ins Rathaus kommen werde. "Wenn Schill klug beraten ist, hat er in seinem Terminkalender den morgigen Tag ab 15.00 Uhr mit frei vermerkt", meinte Mettbach. Schill hat seinem früheren Büroleiter Nockemann vorgeworfen, mit Beust ein Komplott geschmiedet zu haben, um ihn zu stürzen.

Die Schill-Partei bleibt der alte Schill-Wahlverein

Die SPD startete ihre Neuwahl-Kampagne: An U- und S-Bahnhöfen verteilten Genossen, darunter SPD-Landeschef Olaf Scholz und der ehemalige Wirtschaftssenator Thomas Mirow, der sich für die SPD-Spitzenkandidatur bewirbt, 15.000 Flugblätter. Scholz griff Beust scharf an: "Von Beust ist als Regierungschef für die Ereignisse der letzten Wochen mitverantwortlich. Durch sein ständiges Nachgeben Schill gegenüber hat er selbst zur Rathauskrise beigetragen." Neuwahlen seien jetzt eine "Frage des Anstandes und der Ehre".

SPD und Grüne wollen am 24. September über eine Auflösung der Bürgerschaft abstimmen lassen. GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch erklärte, die "Rechtsregierung" habe unabhängig vom Ausgang der Abstimmung heute abgewirtschaftet. Die Schill-Partei bleibe "der alte Schill-Wahlverein, auch nach dem überaus schnellen Abrücken vom ihrem Oberdemagogen".