Hartz-IV-Kritik Westerwelle greift "geistigen Sozialismus" an

FDP-Chef Guido Westerwelle hat bei seiner Hartz-IV-Kritik nachgelegt. "Die Diskussion über das Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sozialistische Züge", sagte er der "Passauer Neuen Presse" zufolge.

FDP-Chef Guido Westerwelle hat bei seiner Hartz-IV-Kritik nachgelegt. "Die Diskussion über das Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sozialistische Züge", sagte er der "Passauer Neuen Presse" zufolge. "Wenn man in Deutschland schon dafür angegriffen wird, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben muss als derjenige, der nicht arbeitet, dann ist das geistiger Sozialismus", erklärte er.

Kleine und mittlere Einkommen dürften nicht länger "die Melkkühe der Gesellschaft" sein. Die wütenden Reaktionen aus dem linken Lager zeigten doch, dass er den Finger in die Wunde gelegt habe. "Für viele Linke ist Leistung ja beinahe eine Form von Körperverletzung. Dagegen wehre ich mich", erklärte der Bundesaußenminister.

Wer seinem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspreche, sorge dafür, dass man alles verliere, sagte Westerwelle. "Deswegen mögen mich die Sozialdemokraten aller Parteien kritisieren, es bleibt dabei: Leistung muss sich lohnen, und es gibt keinen Wohlstand ohne Anstrengung und Leistung." Dass eine verheiratete Kellnerin mit zwei Kindern im Durchschnitt 109 Euro weniger verdiene, als wenn sie Hartz IV beziehen würde, sei ungerecht.

Heftige Kritik an den Äußerungen des FDP-Chefs kam von der Opposition und den Gewerkschaften. Sozialleistungen seien "keine Gnadengabe, sondern Verpflichtung eines demokratischen Rechtsstaats, der die Menschenwürde garantiert", sagte ver.di-Chef Frank Bsirske. Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einer "Beleidigung für Millionen Langzeitarbeitslose".

Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer forderte unterschiedliche Hartz-IV-Sätze für Geschwisterkinder. "Wir sollten nun auch überlegen, ob für das zweite und dritte Kind der gleiche Bedarf besteht wie für das erste Kind", sagte sie der "PNP". Es gebe Kosten, die nicht für jedes weitere Kind in vollem Umfang neu entstünden. So könne auch die Kleidung der größeren Kinder weitergegeben werden.

Die CSU-Politikerin sprach sich zudem dafür aus, statt Geldleistungen alle Bildungsangebote für Kinder umsonst anzubieten. "Was wir an Bildungs- und Teilhabechancen für Kinder bereitstellen, müssen wir genauso wie Straßen kostenlos zur Verfügung stellen", sagte sie. "Vereine, Museen, Schwimmbad, Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe kostenlos. Und zwar für alle Kinder. Denn nicht nur Hartz-IV-Familien, sondern auch viele berufstätige Eltern müssen doch oft nein sagen, wenn es etwa um Wünsche ihrer Kinder, Vereinsbeiträge oder Musikunterricht geht."

APN
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