Hartz-IV-Reform Bildungs-Chipkarte bleibt umstritten

In einem Punkt herrschte beim Bund-Ländertreffen Einigkeit: Für bedürftige Kinder soll es künftig Sachleistungen statt Bargeld geben. In welcher Form die Staatshilfe ankommen soll, bleibt indes umstritten.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stößt mit ihrer Bildungs-Chipkarte für Kinder aus Hartz-IV-Familien in den Ländern auf Widerstand. Bei einem Spitzentreffen der Minister von Bund und Ländern am Freitag in Berlin verbuchte von der Leyen nur einen Teilerfolg. Eine "große, breite Mehrheit" sei sich einig, dass die vom Verfassungsgericht geforderten zusätzlichen Bildungsausgaben für Hartz-IV-Kinder "als Sachleistung direkt zum Kind" kommen sollen. Auf diesen Kurs schwenkte zum Teil auch die CSU ein. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) lehnte Gutscheine und die Chipkarte aber kategorisch ab.

Zufrieden zeigten sich die Spitzenverbände der Kommunen, die an dem Treffen beteiligt waren. Ihnen versprach von der Leyen, dass auf sie keine neuen Kosten zukämen. Die Infrastruktur für die von ihr geplante Chipkarte einschließlich der Lesegeräte bezahle der Bund ebenso wie die damit abrufbaren Leistungen. Der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Stephan Articus, wertete dies als "entwarnende Auskunft" zu den Sorgen der Kommunen.

SPD kritisiert "durchsichtiges Ablenkungsmanöver"

Die Riege der SPD-Sozial- und Arbeitsminister forderte, dass von der Leyen zunächst den Auftrag des Verfassungsgerichts erfüllen und den Kinderbedarf neu berechnen müsse. Erst dann könne entschieden werden, welcher Bedarf als Geld- oder als Sachleistung erbracht werde. Die Bildungs-Chipkarte lehnt die SPD nicht kategorisch ab, kritisiert aber die Details. "Das ist ein ebenso durchsichtiges wie untaugliches Ablenkungsmanöver, das nur überdecken soll, dass Frau von der Leyen keine konkreten und für alle nachvollziehbaren Zahlen für den neuen Hartz-IV-Satz für Kinder präsentieren kann oder will", sagte der nordrhein-westfälische Sozialminister Guntram Schneider von der SPD.

Ab 1. Januar 2011 haben Kinder aus Familien, die Arbeitslosengeld II beziehen, Anspruch auf höhere Bildungsleistungen. Die Höhe will die Bundesregierung im Herbst festlegen. Die Bildungs-Chipkarte bezeichnete von der Leyen nun als bloßes Vehikel, diese Leistungen zu den Kindern zu bringen. Einige Länder hätten sich dafür als Modellregion angeboten. Die Bildungskarte soll 2011 in einigen Pilotregionen und 2012 dann bundesweit eingeführt werden. Dazu benötigt von der Leyen aber eine Mehrheit der Länder hinter sich.

Die CSU lehnt Gutscheine und die Chipkarte ab. Haderthauer bewegte sich auf die Ministerin zu, indem sie Schulmittagessen oder Nachhilfe als Sachleistung als möglich bezeichnete, sofern das Geld direkt an die Institutionen gezahlt werde.

Articus sagte, nach seinem Eindruck sei in der Diskussion eine Mehrheit der Länder für eine Chipkarte. Die Skeptiker seien aber ernst zu nehmen. Es habe ein klares Votum für Sach- und Dienstleistungen gegeben. "Es bleibt abzuwarten, ob dafür eine Chipkarte ein geeignetes Mittel ist."

Reuters
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