Integrationsgipfel Historisches Ereignis mit Schokolade

Es war zu erwarten, dass beim ersten Integrationsgipfel keine Beschlüsse gefasst worden. Dennoch war die Kanzlerin zufrieden: Der Gipfel sei ein "historisches Ereignis" gewesen, sagte Angela Merkel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde der erste deutsche Integrationsgipfel versüßt. "Es gab türkische Süßigkeiten, die uns überreicht wurden, auf feinen Tellern, und das fand ich sehr schön", sagte die Kanzlerin. Einen Tag nach dem Treffen mit US-Präsident George W. Bush traf sie sich mit 85 Teilnehmern - ein Drittel davon mit Migrationshintergrund - zu einem dreistündigen Gespräch über die bessere Eingliederung von Ausländern. Konkrete Maßnahmen konnte Merkel danach noch nicht verkünden.

Trotzdem war dieser Gipfel für die Regierungschefin "ein fast historisches Ereignis". Denn es sei ein großer Schritt, nicht mehr übereinander, sondern miteinander zu reden, sagte sie. Nicht jeder der Gipfelteilnehmer sei zu Wort gekommen, aber es sei schließlich nur der Auftakt zu einem intensiven Dialog gewesen. Sie sehe "sehr, sehr gute Chancen", verbindliche Verabredungen innerhalb eines Jahres zu treffen, sagte Merkel.

In diesem Jahr soll ein Nationaler Integrationsplan aufgestellt werden. Sechs Arbeitsgruppen werden sich mit Themen wie Integrationskurse, Bildung und Ausbildung sowie Eingliederung von Frauen und Mädchen beschäftigen. Als Teilnehmer wünscht sich Merkel diejenigen, die auch bei der Auftaktveranstaltung im Kanzleramt waren. Und dazu gehörten auch sechs ihrer Bundesminister und sechs Ministerpräsidenten.

"Ihr seid uns willkommen"

Die Kanzlerin sagte weiter, es sei ein großer Wunsch der Vertreter der Migrantenorganisationen gewesen, von deutscher Seite zu hören: "Ihr seid uns willkommen." Sie wollten sehen, dass die Tür offen sei, dass aus der ganzen Gesellschaft die Einladung komme: "Wir wollen, dass ihr bei uns zuhause seid." Dem gegenüber stünden dann die Forderungen an die Ausländer, vorrangig, die deutsche Sprache zu erlernen, so Merkel.

Ziel der Integration müsse es sein, in einem Prozess ein gemeinsames Verständnis von Werten und Grundlagen zu erarbeiten. "Das Maß an Übereinstimmung war heute sehr groß", sagte die Kanzlerin. Sie erwarte aber durchaus Probleme, wenn man im Dialog in den Bereich des Verbindlichen komme.

Vizekanzler Franz Müntefering sagte, 15 Millionen Menschen in Deutschland seien zugezogen. Ihre Eingliederung sei an vielen Stellen gelungen. Verschwiegen werden dürfe aber nicht, dass Ausländer schlechtere Chancen im Berufsleben hätten. Deshalb müssten in der Arbeitsgruppe Bildung, Ausbildung, Beschäftigungschancen auch bereits bestehende Förderprogramme überprüft und aktualisiert werden.

Nach Einschätzung des Deutschen Städtetags wird eine umfassende Integrationspolitik von Bund, Ländern und Kommunen zusätzliche Finanzmittel in Milliardenhöhe erfordern. Die Frage, was die Eingliederung koste, rege ihn auf, sagte der Arbeitsminister. Denn man müsse einen Zusammenhang damit herstellen, was die Ausländer Deutschland gebracht hätten. Ohne sie "wäre das mit dem Wohlstand so nichts geworden". Und wer kein Geld für Bildung aufwenden wolle, müsse schließlich Sozialhilfe zahlen.

Thema Islam spielte keine Rolle

Das Thema Islam spielte laut Merkel keine Rolle. Das Verhältnis der Religionen wird bei dem von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Herbst geplanten Islamgipfel erörtert. Kein Thema waren auch die vor allem aus der CSU geforderten Sanktionen für Eingliederungsunwillige. Merkel sagte, die Runde habe weniger über Konsequenzen und mehr über Angebote gesprochen. Als Beispiel nannte die Kanzlerin die Möglichkeit, deutsche TV-Filme mit türkischen Untertiteln auszustrahlen und so das Erlernen der Sprache zu fördern. Auch müsse es spezielle Angebote geben, gerade Mütter in Deutschland einzugliedern. Der zweiten oder dritten Ausländergeneration in Deutschland könne man nicht mit Strafen kommen.

AP
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