Die Ankündigung von US-Präsident George W. Bush, Gegner des Irak-Krieges von Generalaufträgen zum Wiederaufbau des Irak auszuschließen, hat neuen Streit zwischen dem "Alten Europa" und den USA provoziert. Müssen die Verträge nach den Regeln der Welthandelsorganisation vergeben werden? Fragen an Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA).
Professor Straubhaar, droht ein neuer Handelskrieg?
Das wohl nicht. Aber das Verhalten der US-Administration ist ein weiterer Mosaikstein auf dem Weg der USA zu mehr Isolationismus und Abkehr von internationalen Gepflogenheiten. Das zeigte sich schon bei der Debatte um die US-Stahlzölle. Viele kleine Stiche geben auch eine große Verwundung.
Sind die Ausschluss-Drohungen der USA denn mit internationalem Recht vereinbar?
Vermutlich ja. Sie fallen in eine Grauzone, die bis jetzt nicht explizit gelöst ist. Die Welthandelsorganisation WTO will seit Jahren das öffentliche Beschaffungswesen regeln – bislang ohne durchgreifenden Erfolg: Die Industrieländer wollen sich diesen Sektor, bei dem es um sehr viel Geld geht, nicht aus der Hand nehmen lassen.
War Bushs Satz "Internationales Recht? Da ruf ich meinen Anwalt an" also richtig?
Das ware eine unnötige Verhöhnung und außerdem unklug. Übersetzt heißt es doch: Selbst wenn es internationales Recht wäre, fühlte ich mich nicht daran gebunden. Für die langfristige Friedenssicherung im Irak braucht er die internationale Gemeinschaft.

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Welche weiteren Ziele verfolgen die USA?
Sie wollen ihre technischen Standards im Irak etablieren, damit sie auf Dauer US-Produkte exportieren können, nach dem Motto: Wer die Norm setzt, hat den Markt. Wenn die USA bei dieser Strategie bleiben, besteht die Gefahr, dass jedes Land mit seinem Geld für den Irak künftig das strategische Ziel der Langfristbindung verfolgt.
Was raten Sie der Bundesregierung?
Sie sollte eine Deeskalationsstrategie fahren: Jetzt nicht die Suppe zu heiß löffeln, abwarten und gucken. Vieles, was jetzt heiß gekocht wird, löst sich dann von selber.