Der Bundestag ist am Donnerstag zusammengekommen, um über die Verlängerung des deutschen Beteiligung an der Afghanistan-Schutztruppe ISAF zu beraten. Ein Beschluss soll im Oktober fallen. Am Mittwoch hatte bereits das Bundeskabinett für eine Verlängerung des Mandates gestimmt, das den ISAF-Einsatz zur Absicherung des Wiederaufbaus und den Einsatz von von bis zu 3500 deutschen Soldaten sechs deutschen Tornadoaufklärungsflugzeugen umfasst.
Steinmeier und Jung werben für Verlängerung des Mandats
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat im Bundestag eindringlich für einen verlängerten Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan geworben. Die Sicherheitslage in dem Land sei weiterhin schwierig, sagte Steinmeier. "In dieser schwierigen Situation bleibt neben dem zivilen Engagement auch notwendig, dass wir unser militärisches Engagement aufrecht erhalten."
Andernfalls würden die bisherigen Aufbauschritte gefährdet. Nötig sei auch eine "deutliche Aufstockung der Mittel für den zivilen Aufbau", sagte Steinmeier. Die Staatengemeinschaft müsse den Menschen in Afghanistan "neue Hoffnung" geben und sie unterstützen, ihre Zukunft und Sicherheit in die eigene Hand zu nehmen.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) zeigte sich überzeugt, dass durch den zivil-militärischen Ansatz "die Herzen und Köpfe der Menschen" gewonnen werden könnten. "Wir sind auf dem Weg des Erfolges." Bei einem Rückzug drohe Afghanistan erneut zum "Ausbildungszentrum des Terrorismus" zu werden. Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer stellte die breite Unterstützung seiner Partei in Aussicht. Er mahnte zugleich eine politischere Rolle der NATO, mehr Nachhaltigkeit und ein konsequenteres Vorgehen gegen den Drogenanbau an.
Nachdenken bei den Grünen - Trittin mahnt zur Geschlossenheit
Vor der Afghanistan-Abstimmung im Bundestag sind viele Grünen-Abgeordnete im Spagat zwischen Partei-Treue und persönlicher Überzeugung noch unentschieden. "Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die noch über ihre Entscheidung nachdenken", sagte Fraktionschefin Renate Künast der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Nach dem Streit um die grüne Position appellierte sie an ihre Parteifreunde: "Der Pulverdampf muss sich legen." Es könne nicht sein, "dass wir uns im Ringen um den Respekt vor dem Parteitagsbeschluss und unserer gemeinsamen Verantwortung für Afghanistan zerstreiten". Auch sie selbst lasse ihre Entscheidung zunächst "noch offen".
Fraktionsvize Jürgen Trittin mahnte im Vorfeld der Bundestagsdebatte eine möglichst geschlossene Haltung der Fraktion bei der Abstimmung an. Ansonsten werde der Dissens die Grünen "bis zu den nächsten Parteitagen und bis zur Bundestagswahl" verfolgen, warnte Trittin. Der Grünen-Parteitag in Göttingen am vergangenen Samstag hatte gegen den Willen der Führung beschlossen, dass die Fraktion dem gekoppelten Mandat für die deutschen Tornado-Flugzeuge und die ISAF-Soldaten im Oktober ihre Gefolgschaft verweigern soll. Fraktionschef Fritz Kuhn und Künast hatten zuvor für ein Ja plädiert.
Die Bundeswehr stellt derzeit rund 3000 der 40.000 ISAF-Soldaten
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) hatte am Mittwoch in New York das ISAF-Mandat ebenfalls um ein weiteres Jahr verlängert. Die Resolution war Voraussetzung dafür, dass der Bundestag über die weitere Beteiligung der Bundeswehr an dem Einsatz beraten kann. In der UN-Resolution wurde der Schritt mit "den gewachsenen gewaltsamen und terroristischen Aktivitäten der Taliban, al-Qaida und illegaler, bewaffneter Gruppen" begründet. 14 der 15 Mitgliedstaaten befürworteten die Entschließung, lediglich Russland enthielt sich der Stimme. Die Entscheidung sei getroffen worden, um der innenpolitischen Situation in einigen UN-Mitgliedsländern Rechnung zu tragen, kritisierte UN-Botschafter Witali Tschurkin. Derzeit sind fast 40.000 Isaf-Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Die Verlängerung des Mandats um ein Jahr beginnt am 13. Oktober.
Der Sicherheitsrat hatte die Schutztruppe ISAF 2001 ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe ist es, Afghanistan zu stabilisieren und die Regierung von Präsident Karsai zu unterstützen. Die Bundeswehr stellt derzeit rund 3.000 der inzwischen fast 40.000 Soldaten.