Kirchhofs Steuerpläne "Das Konzept ist unglaublich ungerecht"

Die SPD übt heftige Kritik am Steuerkonzept von Merkels Schatten-Finanzminister Paul Kirchhof. Bundeskanzler Schröder nennt dessen Konzepte "nicht realisierbar", Finanzminister Eichel spricht von "riesigen Einnahmeausfällen".

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat das Steuerreformkonzept des ins Unions-Wahlkampfteam berufenen früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof erneut massiv kritisiert. "Das ist nicht realisierbar", sagte Schröder in einem vorab veröffentlichten Interview des "Mannheimer Morgen". Kirchhofs Konzept eines radikal vereinfachten Systems mit nur noch zwei Steuersätzen bedeute eine massive Umverteilung von unten nach oben. "Nutznießer wären die Bezieher hoher und höchster Einkommen. Verlierer wären diejenigen, die in den unteren Einkommenskategorien sind", ergänzte der SPD-Politiker. Auch der Staat hätte bei einer Umsetzung der Pläne Kirchhofs weniger Einnahmen und könnte seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Kirchhofs Steuermodell sei ungerecht: "Es funktioniert weder auf dem Bierdeckel noch in der Wirklichkeit."

Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel hat die Vorschläge zur Steuervereinfachung von Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof kritisiert. Kirchhofs Idee einer Einkommensbesteuerung mit generell 25 Prozent werde zu "riesigen Einnahmeausfällen" führen, sagte Eichel am Freitag im Deutschlandfunk. "Gleicher Steuersatz für alle ist doch unglaublich ungerecht." In ganz Westeuropa gebe es eine Kultur der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit.

Eichel sagte, ein Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 2000 Euro könne auf 500 Euro viel weniger verzichten als jemand mit einem Einkommen von 20.000 Euro und einer Steuerbelastung von 5000 Euro. Kirchhofs Vorschlag einer Zehn-Minuten-Steuererklärung lehnt der Bundesfinanzminister als überflüssig ab. "Die einfache Lohnsteuererklärung, die gibt es bereits." Und auch die elektronische Steuererklärung sei auf den Weg gebracht.

Umstrittenes Bierdeckel-Konzept

In einem Interview der "Bild"-Zeitung hatte Kirchhof angekündigt, als Bundesfinanzminister Anfang 2007 eine drastisch vereinfachte Steuererklärung auf elektronischem Wege einführen zu wollen, für deren Ausfüllen die Arbeitnehmer nicht mehr als zehn Minuten benötigen müssten. Finanzminister Hans Eichel hatte ihm daraufhin Unkenntnis und Irreführung der Öffentlichkeit vorgeworfen. Zentrale Teile der elektronischen Steuererklärung seien bereits Realität. Kirchhof ist im Wahlkampfteam von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel für die Finanzpolitik zuständig und soll nach ihrem Willen bei einem Wahlsieg der Union Bundesfinanzminister werden.

Zugleich erteilte Schröder Forderungen der Union nach einem Wegfall der Steuerfreiheit für Schicht-, Nacht- und Feiertagszuschläge eine Absage. Ein normaler Arbeitnehmer mit einem Nettoeinkommen von 2500 Euro würde auf diese Weise mehr als 300 Euro monatlich verlieren. Um dies auszugleichen, müsste sein Bruttogehalt um über 17 Prozent steigen. "Das kann weder er noch können das die Gewerkschaften durchsetzen, und die Firmen würden und könnten es auch nicht zahlen", sagte der Kanzler.

SPD schließt höhere Mehrwertsteuer für komplette Wahlperiode aus

Die SPD hat eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für die gesamte nächste Wahlperiode ausgeschlossen. Parteichef Franz Müntefering sagte der "Sächsischen Zeitung" (Freitag), mit seiner Partei werde es "nicht in nächster Zeit und nicht in der kommenden Legislaturperiode" eine Erhöhung der Mehrwertsteuer geben. Eine Erhöhung sei in der derzeitigen Wirtschaftslage gegen alle konjunkturelle Vernunft. Der Union warf Müntefering mit Blick auf die Kombination von "Vorfahrt für Arbeit" und einer Mehrwertsteuer- Erhöhung vor, "den Crash auf dem Arbeitsmarkt" zu organisieren.

DPA · Reuters
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