Der Vorgang kommt mit ganz fetter Schlagzeile daher: "So verpestet der Umweltminister die Luft" wird Sigmar Gabriel (SPD) medial angemacht. Er fliege viel mit den regierungseigenen Maschinen, wird dann berichtet, oft auch noch alleine oder allenfalls mit einem Beamten. Und natürlich wird dann die umweltschützerische Frage nachgeschoben: Muss das wirklich sein? Schließlich würden auf der Strecke Hannover - Amsterdam immerhin 2,3 Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Könne denn der Minister Gabriel nicht Linie nach Amsterdam fliegen, was weniger Umweltverschmutzung bedeute und zudem erheblich billiger sei? Ein Skandal also? Mal wieder die bekannte Geschichte, dass einer unserer Spitzenpolitiker Wasser predigt und Wein säuft? Dass er sich auf Kosten der Steuerzahler einen unbilligen Komfort verschafft?
Andere Vorwürfe wären angebrachter
Nein. Wie da versucht wird, Gabriel vorzuführen, ist unfair, kleinkariert und arg populistisch obendrein. Man kann den Umweltminister dafür rüffeln, dass es ihm nicht gelingt, Tempo 130 auf den Autobahnen einzuführen. Oder dass für geländegängige Dienstwagen immer noch Steuervorteile eingeräumt werden, obwohl doch kein Vorstandsvorsitzender den Allradantrieb benötigen dürfte, um ins Büro zu gelangen. Aber dass Gabriel oder Familienministerin Ursula von der Leyen die Flugbereitschaft der Bundeswehr benutzen, um ihre Termine wahrzunehmen, das sollte ihm denn doch jederzeit erlaubt sein.
Wer sich die voll gestopften Terminkalender unserer Politiker mal genauer ansieht, der dürfte ziemlich schnell zu der Erkenntnis kommen: Auf der faulen Haut liegt da keiner. Ohne den Einsatz der Maschinen vom Typ Airbus und Challenger oder der Bundeswehr-Hubschrauber ist das Programm eines Regierungsmitglieds nicht zu packen. Die haben eine Sieben-Tage-Woche mit deutlich mehr als 40 Stunden.
Kritik kommt aus der falschen Ecke
Es ist bemerkenswert, dass sich jetzt vor allem der grüne Haushaltsexperte Alexander Bonde über Gabriels Fliegerei erregt. Er scheint vergessen zu haben, dass es seine Parteifreundin Renate Künast war, die zu ihren Ministerzeiten auf die in der Tat absonderliche Idee verfiel, bei einer Dienstreise per Airbus über den Atlantik eine kleine Maschine voraus zu schicken, um dann vor Ort beweglicher zu sein.
Der Wirtschaftsriese Bundesrepublik sollte sich schon noch vernünftige Arbeitsbedingungen für seine Spitzenpolitiker leisten dürfen. Wenn schon flugtechnisch gespart werden soll, dann vielleicht eher bei den weltweiten Reisen vieler Abgeordneter während der politischen Sommerpause. Deren Notwendigkeit ist zuweilen nur sehr schwer erkennbar. Die Berliner Regierungsmaschinen sind überdies alles andere als komfortabel, denn sie sind seit vielen Jahren in der Luft. Wenn Kanzlerin Angela Merkel, wie jüngst geschehen, mit deutschen Wirtschaftsbossen auf Staatsbesuch nach China und Japan fliegt, dann wundern sich die Herren immer sehr, wie spartanisch diese Maschinen ausgerüstet sind. Sie selbst sind in ihren Firmen weitaus mehr Komfort gewohnt. Doch seit Jahren wird die eigentlich längst fällige Neuanschaffung von Regierungs-Flugzeugen immer wieder hinaus gezögert, weil man die Kritik des Steuerzahlerbundes oder der Medien fürchtet. Dabei wäre dies ein sehr umweltbewusster Akt: Flugzeuge neueren Typs fliegen weit umweltfreundlicher als die alten Luftkutschen der Flugbereitschaft.