Kommentar Großer Oskar, großer Staat

Oskar Lafontaine war einst ein politischer Outlaw, jetzt rollt er mit der Linkspartei das Saarland auf. Der Mann will viel - die Demütigung der SPD, den Einfluss auf die Bundespolitik, die Macht über die Wirtschaft. Auf seine Weise ist Lafontaine ein echter Raffzahn.

"L'etat, c'est moi" - "Der Staat bin ich." Diesen Ausspruch könnte auch Oskar Lafontaine zu Protokoll gegeben haben. Denn, was will dieser Mann nicht alles anstellen: die Staatseinnehmen drastisch erhöhen, um 100, vielleicht 200 Milliarden Euro pro Jahr, die Zahl der öffentlichen Angestellten maximieren, gleichzeitig einige Betriebe wieder verstaatlichen, allen voran die Energieunternehmen und die Bahn. Es gehe darum, die "Entstaatlichung" Deutschlands wieder rückgängig zu machen, sagte Lafontaine auf dem Parteitag der saarländischen Linken.

Dabei stellt sich ein mulmiges Gefühl ein. Denn jenseits aller praktischen und philosophischen Erwägungen werfen seine Vorstellungen die Frage auf: Wie imaginiert sich eigentlich Lafontaine? Als eine Art Superunternehmer Deutschlands, der den größten, mächtigsten und einflussreichsten Apparat unterhält, der sich nur denken lässt? Oskar XIV.? Seine Persönlichkeit und seine politisches Programm laufen aus dieser Perspektive ineinander. Und münden in einen Begriff: Macht.

Im Saarland geht Lafontaine nun an die Startlinie, als Spitzenkandidat der Linken für die Landtagswahlen 2009. Er hat hier einen nahezu unschlagbaren Heimvorteil: Lafontaine war bereits Ministerpäsident im Saarland, er kennt die Menschen, die Wirtschaft, die Funktionäre. Auf dem Parteitag in Neunkirchen waren viele Bekannte aus alten Tagen, vorwiegend aus den Gewerkschaften, viele, die (noch) Mitglieder der SPD sind. Was sie eint, ist die Vorstellung, dass der Staat gefälligst wieder mehr Fürsorge zu leisten habe. Für alle, die es schwerer haben als andere. Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, allein erziehende Mütter, Geringverdiener, Rentner. Die inhaltliche Nähe zwischen Gewerkschaftern und Linkspartei ist fast schon intim.

Spott für Heiko Maas

Die menschlichen und strategischen Differenzen zwischen SPD und Linkspartei könnten größer nicht sein. "Befindlichkeiten". Mit diesem Wort verspottete Lafontaine den SPD-Vorsitzenden Heiko Maas, der sich nicht vorstellen kann, einen Ministerpräsidenten Lafontaine zu wählen. Wenn Maas nicht bald mit einer klaren Koalitionsaussage zugunsten der Linkspartei rausrücke, werde er ein bisschen "nickelig".

"Nickelig"! In der Linkspartei haben die Mitglieder schon eine Idee, was das heißt. Hinter vorgehaltener Hand schimpfen sie ihn einen "Stalinisten". Weil er keinen neben sich duldet. Lafontaine ist ein Mann, der regieren kann. Der aber nicht regiert werden will. Mit "Superlafo" ist nur ein Superstaat denkbar. Auf seine Weise ist der Mann ein echter Raffzahn.