Kann das wirklich reichen? Ist dieser Kurt Beck wirklich der Richtige, um die SPD zu stärken, sie zu dem zu machen, was sie so gerne wäre, die "Kraft der Erneuerung." Ist Beck, der mächtige Provinzfürst aus Rheinland-Pfalz, wirklich derjenige, der das Zeug dazu hat, Angela Merkel aus dem Kanzleramt zu jagen? Oder ist Beck doch eher das letzte verbliebene Schwergewicht dieser großen Partei, ihr "last man standing", derjenige, der das Licht endgültig ausmacht?
Einiges spricht für Beck. Immerhin ist er einer, der für die Sozialdemokraten Wahlen gewinnen kann. Einer, der es mit Volksnähe und pragmatischer Politik geschafft hat, selbst im konservativen Bundesland Rheinland-Pfalz die absolute Mehrheit zu erringen. Und Beck ist einer, der die SPD kennt, die Befindlichkeiten der Basis ebenso wie die Machtspielchen an der Spitze. In dieser Partei hat sich Beck über Jahrzehnte oben gehalten. Er weiß, wo der Hammer hängt.
Jetzt ist er ganz oben, und man mag ihm mit all seiner Erfahrung durchaus zutrauen, dass er die Gremien ebenso durchsetzungsstark zu führen vermag, wie die Ministergarde um den mächtigen Franz Müntefering. Schon in seiner Bewerbungsrede auf dem Berliner Parteitag hat Beck die Ministerriege kaum verklausuliert wissen lassen, dass sie sich künftig an die Vorgaben der Partei wird halten müssen.
Scheu vor klarer inhaltlicher Botschaft
Trotz all dieser Pluspunkte wurde man am Sonntag dennoch das Gefühl nicht los, dass der rheinland-pfälzische Ministerpräsident ein ewiggestriger Genosse ist, einer der das Heil eher in einem "Vorwärts in die Vergangenheit" sucht als in innovativen Politikentwürfen. Anders, als der nun malade Vorgänger Matthias Platzeck im vergangenen November, verzichtete Beck in seiner Rede darauf, einen umfassenden Politikentwurf zu skizzieren. Er versucht nicht einmal, eigene inhaltliche Akzente zu setzen, die Delegierten durch Programmatik für sich zu gewinnen.
Gerade in einer Zeit, in der die SPD sich gegenüber Union und Linkspartei inhaltlich profilieren muss, ist das zu wenig. Gerade in einer Zeit, in der die SPD soziale Antworten finden muss auf die Globalisierung, auf den europäischen Markt, auf eine immer größer werdende Kluft zwischen "Arm" und "Reich", reicht das einfach nicht. Gerade in dieser Zeit darf ein SPD-Chef den Anspruch nicht fallen lassen, den Bürgern das Leitbild einer besseren, gerechteren Gesellschaft zu liefern.
Wie dereinst Helmut Kohl
Beck, so schien es an diesem Sonntag, sieht das anders. Statt sich mit einer inhaltlichen Botschaft zu profilieren beschwor er die historischen Wurzeln der Sozialdemokratie, um Basis und Gremien der Partei zu tätscheln. Beck, der Pfälzer, hielt es wie einst Helmut Kohl, der Pfälzer. Er zeigte sich als einer, der seine Position weniger auf abstrakten Inhalten als vielmehr auf persönlichen Beziehungen begründen will. Er zeigt sich als machtbewusster Kümmerer, nicht als zukunftsorientierter Programmatiker. Hält er an diesem Kurs fest, wird er die Partei zwar einen, er wird sie ordentlich führen, aber er wird ihr nicht sagen können, wohin. Um ins Kanzleramt zu gelangen, wird das nicht reichen.