Nach stern-Recherche Laptop-Affäre in Cum-Ex-Ausschuss – CSU fordert "Sonderermittler"

CSU-Generalsekretär Martin Huber
CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Ein historischer Skandal, der nicht folgenlos bleiben darf"
© Peter Kneffel / DPA
Im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss fehlen in einem Schutzraum nach stern-Recherchen zwei Laptops mit 700.000 Emails. Die Union knöpft sich Olaf Scholz vor – und fordert Konsequenzen.

Nach neuen Enthüllungen in der Cum-Ex-Affäre um die Hamburger SPD und ihren damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz fordert die CSU den Einsatz eines unabhängigen Sonderermittlers. "Ermittler sollen die Wahrheit finden, statt sie zu vertuschen und Beweise verschwinden zu lassen", sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber dem stern.

Hintergrund ist eine stern-Recherche, wonach im Hamburger Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre zwei Laptops mit mehr als 700.000 Emails in einem Schutzraum fehlen. Ausgerechnet der von der SPD berufene Chefermittler Steffen Jänicke soll das heikle Beweismaterial an sich genommen haben. Unter den E-Mails befinden sich auch Postfächer von Olaf Scholz‘ Büroleiterin Jeanette Schwamberger, von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher und anderen Topbeamten.

"Was will die SPD bei Cum-Ex verheimlichen? Wie tief steckt Kanzler Scholz in dem Steuerbetrug?", fragt der CSU-Generalsekretär empört. Huber fordert: "Wir brauchen einen echten, unabhängigen Sonderermittler, der Licht ins Dunkel bringt."

"Olaf Scholz und die Hamburger SPD führen den Rechtsstaat vor"

Drastische Worte kommen auch von anderen Unionspolitikern. "Der Hamburger SPD-Leiter des Arbeitsstabs muss schnellstmöglich für umfassende Transparenz zu diesem dubiosen Vorgang sorgen", forderte der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer. Das Agieren der Sozialdemokraten in Hamburg decke sich mit dem SPD-Vorgehen im Bund, kritisierte Hauer: "Aufklärung und Transparenz wird mit allen Mitteln verhindert, um den Bundeskanzler zu schützen."

"Olaf Scholz und die Hamburger SPD führen den Rechtsstaat vor", schrieb Junge-Union-Chef Johannes Winkel beim Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter. "Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass sich eine Demokratie solche Methoden bieten lässt?" Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz spricht von einem "handfesten Skandal", ebenfalls via X. "Recht und Gesetz gelten offenbar nur für die anderen", schrieb dort die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann. "Bananenrepublik Hamburg. Ein Kanzler von Format würde jetzt selbst auf vollständige Aufklärung drängen", meint die Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT).

Von den im Schutzraum fehlenden Asservaten erhoffen sich die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss neue Erkenntnisse über die Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Cum-Ex-Affäre der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. Nach monatelangem Tauziehen hatte das Justizministerium in Nordrhein-Westfalen Anfang Oktober die Laptops mit den Emails, die im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen sichergestellt wurden, nach Hamburg übermittelt.

"Wir wissen nicht, wo sich die Geräte befinden und ob sie an dem Ort sicher sind", kritisiert Richard Seelmaecker, CDU-Obmann im Hamburger Untersuchungsausschuss. Nach Recherchen von stern und "WAZ" nahm Jänicke die Laptops aus dem streng gesicherten Aktenraum des Ausschusses an sich. Wohin er die Laptops gebracht hat, ist unklar.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Im Raum steht die Frage, ob er gegen die Regeln zur Wahrung der Geheimhaltung des Ausschusses verstoßen hat, in denen es heißt: "Die Akten und sonstigen Unterlagen sind in vom Arbeitsstab zu bestimmenden Akten- und Leseräumen im jeweiligen Gebäude zu verwahren." Unklar ist auch, warum er die Laptops aus dem Safe an sich nahm – auf ihn haben ohnehin nur ausgewählte Mitglieder des Arbeitsstabs Zugriff. "Wir sind höchst verwundert über diesen Umgang mit den sensiblen Daten", sagt Linken-Obmann Norbert Hackbusch.

Der Ausschussvorsitzende Mathias Petersen (SPD) beteuerte auf Anfrage, die Laptops würden "im Arbeitsstab unter Einhaltung der Geheimhaltungsvorschriften" aufbewahrt. Jänicke äußerte sich auf Anfrage nicht.

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag wurde aus rechtlichen Gründen nachträglich bearbeitet. Steffen Jänicke, der inzwischen nicht mehr als Arbeitsstabsleiter tätig ist, hat beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der stern hat hiergegen bereits Rechtsmittel eingelegt.

vme / fs