Streit im Braunkohlerevier Kleiner Ort mit großer Sprengkraft: Worum geht es im Konflikt um Lützerath?

Das Ende von Lützerath: Ein Bagger schaufelt Erdreich am Ortsausgang des Dorfes im rheinischen Braunkohlerevier
Das Ende von Lützerath: Ein Bagger schaufelt Erdreich am Ortsausgang des Dorfes im rheinischen Braunkohlerevier
© Oliver Berg / DPA
Klimaaktivisten halten den Ort Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier besetzt. Die Polizei hat mit Vorbereitungen für eine Räumung des Dorfes begonnen. Doch was ist eigentlich der Hintergrund des Streits um Lützerath?

Proteste, besetzte Bagger, Straßenbarrikaden auf Landstraßen – im nordrhein-westfälischen Lützerath ist die Lage zusehends angespannt. Das von Klimaschützern besetzte Dorf im rheinischen Braunkohlerevier steht nun kurz vor der Räumung. Seit Montag sind Polizeikräfte im Einsatz, um Arbeiten des Energieversorgungskonzerns RWE zu unterstützen, dem der Ort inzwischen vollständig gehört.

Fragen und Antworten:

Worum geht es im Konflikt um Lützerath?

RWE fördert im rheinischen Revier westlich von Köln Braunkohle. Im Bereich des Nordreviers liegt auch die Ortschaft Lützerath. Das inzwischen unbewohnte Dorf soll abgebaggert werden, weil RWE den Tagebau Garzweiler ausdehnen und die unter dem Ort liegende Kohle fördern will.

Der Essener Energiekonzern einigte sich im Oktober mit den von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien im Bund und in Nordrhein-Westfalen auf ein Ende der Braunkohleverstromung bis 2030 statt wie vorher 2038. Zugleich wird damit die Laufzeit von zwei Braunkohlekraftwerken, die zum Jahresende stillgelegt werden sollten, bis Ende März 2024 verlängert.

Warum kann Lützerath nicht erhalten bleiben?

Um die bis 2030 benötigten Kohlemengen zu fördern, bedarf es nach Behördenangaben der Kohle unter Lützerath. Laut dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium wird die Kohle auch gebraucht, um in der Energiekrise die Braunkohlewirtschaft mit hoher Auslastung zu betreiben.

Wegen der Energiekrise gebe es einen "erhöhten Braunkohlebedarf, der zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit benötigt wird", heißt es offiziell. Expertenberichte der CoalExit Research Group und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kamen zuletzt hingegen zu dem Ergebnis, dass die Energieversorgung in der Krise auch ohne die Kohle unter Lützerath möglich wäre.

Was wollen die Umweltschützer?

Klimaschützer kämpfen für den Erhalt des Dorfes und wollen einen Abriss verhindern. Sie warnen vor Schäden für Umwelt und Tiere und sehen das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens gefährdet. Umweltaktivisten warfen den Grünen vor, für die Einigung mit RWE auf einen Kohleausstieg 2030 den Ort Lützerath zu "opfern".

Deshalb gab es zuletzt immer wieder Proteste gegen das Vorrücken des Tagebaus. Die Umweltschützer schlossen sich dafür zum Aktionsbündnis "Lützerath unräumbar" zusammen, zu dem auch Fridays for Future, Extinction Rebellion oder die Letzte Generation gehören. Sie wollen nach eigenen Angaben in Lützerath "für globale Klimagerechtigkeit" kämpfen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wie ist die Lage in Lützerath aktuell?

Die Siedlung ist laut dem Wirtschaftsministerium in Düsseldorf von den ursprünglichen Einwohnern mittlerweile komplett verlassen. Deren Umsiedlung begann bereits 2006. Aktivisten leben jedoch schon seit Längerem in dem verlassenen Ort.

In den vergangenen Monaten gab es in und um Lützerath verstärkt Proteste. Aktivisten besetzten etwa Bagger des Energiekonzerns RWE, die für Baumfällarbeiten vorgesehen waren. Seit Montag trifft die Polizei nun Vorbereitungen, um das Dorf zu räumen.

Wie geht es in Lützerath weiter?

Die Räumung des Dorfes wurde von den Behörden für Mitte Januar angekündigt. Die Umweltschützer teilten über das Aktionsbündnis "Lützerath unräumbar" mit, sich der Abbaggerung mit "vielfältigen Aktionen des zivilen Ungehorsams" entgegenstellen zu wollen. Behörden appellierten an die Umweltschützer, bei den Protesten keine Straftaten zu begehen.

Werde dem Platzverweis nicht Folge geleistet, könnten Räumungen ab dem 10. Januar beginnen, teilte die zuständige Heinsberger Kreisverwaltung mit. Bevor es dazu kommt, gibt es seitens der Behörden jedoch weitere Gesprächsangebote. Geplant ist laut Aachener Polizei etwa eine öffentliche Bürgerinformation in Erkelenz am Dienstag.

mad / Thorben Behring, AFP

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