Gründe, sich drogenmäßig richtig einen reinzutun, dem Elend der Politik zu entfliehen, um auf rosigen Wolken zu entspannen, hat die FDP mehr als genug - das ist amtlich. In den bundesweiten Umfragen liegen die Liberalen bei 3 Prozent, die Werte des Berliner Landesverbandes, dessen Chef Talkshow-Einheizer Martin Lindner ist, sind nicht mehr messbar, deswegen weisen die Statistiken keine Zahl aus, sondern nur einen langen schwarzen Strich. Wer könnte es also Lindner verübeln, wenn er mal am Joint zieht? Einfach nur, um sich locker zu machen?
So geschehen in der Talksendung von Moderator Benjamin Stuckrad-Barre auf Tele 5, die an diesem Donnerstag um 23.10 Uhr ausgestrahlt wird. Martin Lindner, der auch Vize der Bundestagsfraktion ist, hat stern.de höchstpersönlich bestätigt, dass sich alles so zugetragen hat, wie es der Sender vorab in einer Pressenotiz ausrollt.
Was außerhalb des Studios geschah
Demnach hat Stuckrad-Barre Lindner wahlweise ein Glas Wein oder einen Joint angeboten. Haudrauf Lindner wollte nicht feige sein und wählte das "jointartige Gebilde", wie er es nennt. Gemeinsam, aber flankiert von einem Kameramann, verließen sie das Studio, weil dort Rauchverbot herrscht. Und vor der Tür machte Lindner einen langen Zug. "Tatsächlich. Echt!", sagte der Liberale. Und auf die Frage Stuckrad-Barres, wie es ihm jetzt gehe: "Saugut!" Dann aber schaltete sich in Lindners Kopf doch wieder eine Kontrollzelle ein. Seine Bemerkung: "Die Drogenbeauftragte ist Mitglied der FDP, ich muss mich hier zurückhalten."
Lindner will die Sequenz im Nachhinein als großen Spaß verstanden wissen. "Ob da was drin war oder nicht, weiß ich nicht", sagte er stern.de. "Gewirkt hat es jedenfalls nicht." Anderseits, so Lindner, gäbe es auch eine ernste Seite dieses Stunts. Er habe sich schon vor Jahren für die Legalisierung von Haschisch eingesetzt, das sei aber nur seine private Meinung, nicht die der FDP. Lindner: "Es wird in einer Weise zwischen Alkohol- und Cannabis-Produkten unterschieden, der sachlich nicht gerechtfertigt ist." Hallo Kiffer - schon mal überlegt, die FDP zu wählen?
Kubickis Rätsel gelöst
Für seine Unerschrockenheit erntete Linder, zumindest bei der Aufzeichnung der Sendung, viel Zuspruch. Stuckrad-Barre konnte den Wirtschaftspolitiker auch ohne große Mühe zu einem Fitnessprogramm mit Liegestütze und Sit-Ups übernehmen. Anschließend nahm er in einem fiktiven "FDP-Callcenter" wütende Anrufe entgegen. Das Studiopublikum zollte so viel Einsatz Respekt. 40 Prozent der Zuschauer im Studio wünschten sich Lindner sofort als Nachfolger für den jetzigen Parteichef Philipp Rösler.
In jedem Fall hat der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki, der vergangene Woche in einer Talkshow fragte, was der Generalsekretär seiner Partei wohl so rauche, nun eine Antwort. Wenn Martin Lindner schon die Tüte nicht verschmäht, orientiert sich womöglich auch Patrick Döring an dem alten Hippie-Spruch: "Morgens einen Joint, und der Tag ist Dein Freund." Nüchtern lässt sich das aus FDP-Perspektive jedenfalls nicht behaupten.