Merkels Polenbesuch Reise mit schwerem Erwartungsgepäck

Öl-Pipeline, US-Raketenabwehr - das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen ist angespannt. Vor Angela Merkels Polenreise sind die Erwartungen groß an die Kanzlerin. Die Polen erklären das verschnupfte Verhältnis mit "grundsätzlichen Missverständnissen".

Von der beginnenden Polen-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), eine Verbesserung des angespannten Verhältnisses zwischen beiden Ländern. "Die bisherigen Treffen der Kanzlerin mit ihren polnischen Partnern haben dazu geführt, dass sich das Verhältnis Schritt für Schritt weiter verbessert hat. Das erwarte ich auch von dem jetzigen Treffen", sagte er der "Thüringer Allgemeinen".

Polenz sieht kein Problem in einer selbstbewussten polnischen Außenpolitik. Allerdings müssten die Europäer und erst recht alle Nachbarn einbezogen und konsultiert werden, sagte er. "Es ist ein Gebot von Klugheit und Vernunft, durch seine eigene Außenpolitik keine Gräben zu den Nachbarn aufzureißen."

Merkel will sich nach Angaben aus Regierungskreisen in ihren zweitägigen Gesprächen mit dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und seinem Zwillingsbruder, Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski, um eine Entspannung des Verhältnisses bemühen. Auf polnischer Seite werden die Spannungen in den Beziehungen zu Deutschland mit grundsätzlichen Missverständnissen erklärt. Polens Beauftragter für die Beziehungen zu Deutschland, Marius Musczynski, sprach im "Handelsblatt" von "Problemen fundamentaler Art". Er nannte eine Verselbstständigung der polnischen Politik und den "Wunsch Berlins, die Rolle eines Global Players anzunehmen".

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), sagte der "Frankfurter Rundschau" mit Blick auf die umstrittenen Raketenabwehrpläne der USA in Osteuropa, eines der Ziele von Merkels Reise sei ein Verzicht Polens auf eine schnelle Stationierungszusage an Washington. Dies wäre zunächst "ein wichtiger Schritt", sagte Erler.

"Verhängnisvolle Konsequenzen für die Weltpolitik"

Polen warnt in diesem Streit vor überzogenen Reaktionen auf die Pläne. "Lieber sachlich darüber diskutieren, statt verhängnisvolle Konsequenzen der Weltpolitik heraufzubeschwören", sagte Polens Botschafter in Deutschland, Marek Prawda, in Deutschlandradio Kultur.

Auch das Thema EU-Verfassung will Merkel anschneiden. Schon im Vorfeld ihrer Resie fordert der Präsidenten-Berater Marek Cichocki Änderungen am Entwurf, für deren Ratifizierung Merkel sich einsetzt. "Wir halten es für nötig, die polnischen Vorbehalte gegenüber einzelnen Punkten noch einmal zu erläutern", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "Ohne eine Verständigung zwischen Warschau und Berlin wird es schwierig werden, einen Kompromiss auf dem EU-Gipfel im Juni zu erzielen."

DPA · Reuters
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