MÖLLEMANN »Ich trete an, um zu gewinnen«

Jürgen Möllemann kämpft um sein politisches Überleben - sein Kampf um den NRW-Vorsitz ist gleichzeitig auch ein Vabanque-Spiel für FDP-Chef Westerwelle.

»Der Kampf um den Landesvorsitz ist mit dem heutigen Tag eingeleitet. Ich trete an, um zu gewinnen.« Der nordrhein-westfälische Landeschef Jürgen Möllemann warf am späten Dienstagabend in Düsseldorf seinen zahlreichen Kritikern den Fehdehandschuh hin. Am 7.Oktober wird er auf einem Sonderparteitag des mitgliederstärksten liberalen Landesverbandes die Vertrauensfrage stellen.

Vabanque-Spiel auch für Westerwelle

Der Druck aus der Bundespartei und aus den Reihen des Landesverbands ließ Möllemann zuletzt keine andere Wahl mehr, als seine Rettung bei der Parteibasis zu suchen. Es ist ein Vabanquespiel - für Möllemann, aber erst Recht für den Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle, der die Entmachtung Möllemanns versucht. Denn am 7.Oktober kann es nur einen Sieger geben. Gewinnt Westerwelle, ist Möllemanns politische Karriere wohl beendet. Spricht dagegen der Sonderparteitag Möllemann das Vertrauen aus, ist Westerwelle als Parteivorsitzender schwer beschädigt.

Landesvorstand rügte Flugblatt

Mehr als vier Stunden hatte der Landesvorstand der Liberalen am Dienstagabend über Möllemann beraten und dann sein in den letzten Wahlkampftagen verteiltes Flugblatt mit Angriffen auf den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und den Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland Michel Friedman gerügt.

»Möllie« ist sich seines Wertes bewusst

Doch wer danach einen Möllemann in Sack und Asche erwartete, irrte sich. Im Kampf um sein politisches Überleben will der »Vollblutpolitiker« mit seinen Pfunden wuchern. Schließlich war er es, der - fast im Alleingang - die Mitte der 90er Jahre in die außerparlamentarische Bedeutungslosigkeit abgerutschte FDP in Nordrhein-Westfalen wieder in den Landtag führte, die zerrütteten Finanzen durch seine Fähigkeiten als Spendensammler sanierte und jetzt im Bundestagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen das für die Liberalen bundesweit beste Ergebnis erzielte.

Hohn und Spott für Kritiker

Für seine Kritiker hat er denn auch nur Hohn und Spott übrig. Sie hätten in den letzten Tagen vor der Wahl »Möllemann-Bashing - Prügelt den Möllemann« gespielt. Doch: »Das Wahlergebnis hat sie zu Recht bestraft«. Gerade seine schärfsten Kritiker hätten die schwächsten Ergebnisse für die Liberalen erzielt.

Gegenschlag: Parteispitze ist schuld

Und Möllemann geht zum Gegenangriff über: Den Vorwurf, er habe mit seiner Flugblattaktion für das Ende der schwarz-gelben Hoffnungen auf einen Machtwechsel gesorgt, bezeichnet er als »absurd«. Der Absturz der FDP habe ganz andere Ursachen, sagt Möllemann. Die Wahlkampagne der Liberalen sei dilettantisch gewesen. Bei der Irak-Krise und während der Flutkatastrophe sei die FDP in den Medien kaum präsent gewesen. Die Liberalen seien mit Themen und Personen nicht durchgedrungen. Mit anderen Worten: die Schuldigen seien doch wohl eher an der Spitze der Bundespartei zu suchen. Es sei jetzt Zeit für eine ehrliche Diskussion der Fehler, verlangt Möllemann.

Ein fast unbekannter Herausforderer

Der kühl kalkulierte Auftritt macht noch einmal deutlich, dass Möllemann einen ganz besonderen Trumpf im Ärmel hat: Niemand in der nordrhein-westfälischen FDP kann so gut auf der Klaviatur der Medien spielen wie der noch amtierende Landeschef. Das gilt wohl auch für den Herausforderer Möllemanns, den von Westerwelle unterstützten stellvertretenden Landesvorsitzenden Andreas Pinkwart. Bis zu seiner überraschenden Kandidatur war der Siegener Wirtschaftsprofessor und Möllemann-Vize außerhalb der Partei so gut wie unbekannt. Doch das ist nicht Möllemanns Problem. Es ist das Problem von Guido Westerwelle.

Erich Reimann