Angesichts der heftigen Spannungen in der schwarz-gelben Koalition nach dem Rauswurf von Bundesumweltminister Norbert Röttgen aus dem Kabinett plant Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) offenbar ein Treffen mit den Parteichefs von CSU und FDP. Sie wolle Horst Seehofer und Philipp Rösler bereits für die kommende Woche zu einem Gespräch einladen, berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Koalitionskreise. Als Termine seien der Dienstag und der Donnerstag im Gespräch.
Bei dem Treffen will Merkel nach Angaben der Zeitung Kompromissmöglichkeiten mit Seehofer und Rösler bei Streitthemen wie dem Betreuungsgeld und den Mindestlöhnen ausloten. Das Betreuungsgeld ist für Eltern vorgesehen, die ihre Kleinkinder selbst betreuen oder dies privat organisieren wollen. Die vor allem von der CSU geforderte Leistung stößt aber in CDU und FDP auf Kritik. Die Union will außerdem eine sogenannte Lohnuntergrenze für Bereiche, in denen es keine Tarifverträge gibt, einführen. Dies wiederum lehnt die FDP strikt ab.
"Wie Kinder auf dem Schulhof"
Grünenchef Cem Özdemir befürchtet ein Stocken von Atom-Ausstieg und Netzausbau auch unter dem neuen Umweltminister Peter Altmaier (CDU). "Ich möchte, dass die Kanzlerin das zur Chefsache erklärt", sagte Özdemir am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Nach den derzeitigen Plänen werde die Photovoltaik aus Deutschland vertrieben.
Die Entlassung von Röttgen als Umweltminister hätte laut Özdemir eleganter geschehen können. Er verglich das Vorgehen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer mit Kindern auf einem Schulhof: "Da gab's bei uns früher die Regel: Wenn jemand auf dem Boden liegt, dann holt man nicht noch aus und tritt ihm volle Karacho in den Magen", sagte Özdemir.
Debatte über Wahldesaster
CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach will Röttgen nicht allein für die historische Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen verantwortlich machen und fordert eine Debatte über die Gründe. "Es muss jetzt endlich nüchtern und gründlich über alle Ursachen für das Desaster gesprochen werden", sagte Bosbach der "Süddeutschen Zeitung". Schließlich habe die CDU allein in NRW 100.000 Wähler an die Nichtwähler verloren. Das Debakel habe mehrere Gründe, die Fehler Röttgens seien nicht alleine ausschlagend gewesen, sagte der Bundestagsabgeordnete aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis.
Mit Röttgen als Spitzenkandidat war die CDU in Nordrhein-Westfalen am Sonntag auf nur gut 26 Prozent und damit auf ihr schlechtestes Ergebnis in dem Land abgestürzt. Röttgen hatte noch am Wahlabend seinen Posten als CDU-Landesvorsitzender abgegeben. Auch aus der Union war er kritisiert worden, weil er sich vor der Wahl nicht bereiterklärt hatte, im Falle einer Niederlage Oppositionsführer in NRW zu werden. Merkel hatte ihn am Mittwoch als Minister entlassen. In der CDU stößt der Schritt auf Kritik.