Ein Lächeln kann er sich nicht verkneifen: Vor wenigen Monaten noch geschmäht, wird Außenminister Guido Westerwelle inzwischen wieder von der Partei gefeiert. Beim Neujahrsempfang der nordrhein-westfälischen FDP in Düsseldorf badete der Ex-Parteichef am Sonntag in einer Woge von Applaus und Sympathie. Der zurückgetretene Generalsekretär Christian Lindner stand am Rand des Saals und lauschte seiner Rede ebenso aufmerksam wie der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher. Offiziell begrüßt wurde Lindner in seinem Heimatverband nicht.
Vergnügt spielt Westerwelle mit Spekulationen, er werde in Düsseldorf eine wegweisende parteipolitische Rede halten und möglicherweise Ansprüche auf eine neue Führungsrolle geltend machen. "Man wundert sich schon: Da rede ich seit 15 Jahren zum Schluss hier beim Neujahrsempfang der Düsseldorfer FDP, und sofort gibt es ein Rumoren, ob ich denn nach meinem 50. Geburtstag irgendwie etwas ganz Anderes wollte."
Zwar winkt er lässig ab, macht mit einem Ritt quer durch die wichtigsten Themen der deutschen Innenpolitik aber deutlich, dass er durchaus mehr im Blick hat als sein eigenes Ressort. Nachdem die "Boygroup" um Parteichef Philipp Rösler und Lindner der Partei nicht den erhofften Aufschwung gebracht hat, punktet Westerwelle mit Erfahrung und tröstet die Parteifreunde: "Politik besteht aus großen Höhen und darin, dass man Täler beschreitet." Als schwerste Krise erscheine einem immer die, in der man sich gerade befinde. "Kaum hat man sie hinter sich, weiß man, dass es gar nicht so schwer war."
Staatstragend und kämpferisch
Über Jahrzehnte sei die FDP immer wieder mal "totgeschrieben worden", doziert Westerwelle. Anders als manche Zeitungen habe die FDP aber überlebt. Mit frischem Oberwasser kanzelt Westerwelle "Schönwetter-Liberale" ab. "Die sind wie Flugsand, und die sind auch genauso schnell wieder weg." Namen nennt er keine. Nur soviel: "Wenn sie - auch durch eigene Fehler - in Schwierigkeiten geraten, trennt sich die Spreu vom Weizen." Dann zeige sich, wer nur auf einer Woge des Erfolgs mitfeiern wolle und wer "wirklich innerlich vom Liberalismus überzeugt ist".
Dass er selbst dazu gehört, daran lässt Westerwelle keinen Zweifel: "Für mich war die liberale Partei immer auch ein Stück meiner eigenen Familie, ein Stück meiner Lebensgeschichte." Dass jetzt in der Krise sogar ein einstiger Dauer-Kritiker wie Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki nach ihm ruft, kommentiert Westerwelle nicht. Seine Rede legt er aber staatstragend und kämpferisch an wie ein Parteichef.
Seine Aufgabe sieht Westerwelle allerdings nicht mehr auf der Brücke, sondern "im Maschinenraum" der Partei. "Ich will den Erfolg dieser neuen Parteiführung." Über seinen Nachfolger äußert sich Westerwelle kaum. Aus eigener Erfahrung gibt er den Parteifreunden aber eine Lehre im Umgang mit ihrem Führungspersonal auf den Heimweg: "Es gibt Zeiten, wo sich eine Partei nicht nur hinter die Führung stellen darf, sondern auch vor sie."