Hätten die Folgen der Oder-Katastrophe durch frühzeitiges Eingreifen abgemildert werden können? Zumindest deuteten Messungen des Brandenburger Landesumweltamtes schon Anfang August darauf hin, dass etwas im Fluss im Gange ist. Zwischen dem 6. und 7. August schließlich machten an der Messstation Frankfurt/Oder praktisch alle Parameter einen mächtigen Sprung, wie an den Grafiken des Amtes deutlich abzulesen ist. Wie der "Spiegel" berichtet, blieb die Behörde jedoch zunächst untätig.
Stattdessen seien die Werte "weiter beobachtet" worden, zitiert das Magazin einen Behördensprecher. Erst als rund drei Tage später massenweise tote Fische in der Oder schwammen, wurde schließlich die Öffentlichkeit informiert. Weitere zwei Tage dauerte es, bis formelle Bade- und Angelverbot ausgesprochen wurde. Das war am 12. August – also eine gute Woche, nachdem die alarmierenden Werte erstmals aufgetaucht waren. Im Falle der elektrischen Leitfähigkeit war die Kurve sogar dermaßen ausgeschlagen, dass das Diagramm des Amtes diese nicht mehr darstellen konnte. Die höhere Leitfähigkeit weist Experten zufolge auf eine ungewöhnliche Salz-Konzentration im Wasser hin.
Oder-Katastrophe: Bisher 36 Tonnen toter Fisch
Die zögerliche Haltung der Brandenburger Behörde lässt die Kritik, die Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) an polnische Stellen richtete, nicht gut aussehen. "Es ist Tatsache, dass sechs Tage, bevor bei uns Fische gestorben sind, Fische in Polen gestorben sind - und wir wurden nicht informiert", so Woidke. Daher sei er "tief enttäuscht" von der polnischen Regierung. Polen wäre auf Grund internationaler Verträge verpflichtet gewesen, frühzeitig zu informieren. Nun zeigt sich, dass auch deutsche Behörden zögerlich reagiert haben. Die genaue Ursache für das massive Fischsterben in der Oder ist weiter unklar.
Bis zu 100 Tonnen toter Fisch – die Naturkatastrophe an der Oder in Bildern
Das Bundesumweltministerium hat unterdessen die Menge der bislang in Deutschland gefundenen toten Oder-Fische auf etwa 36 Tonnen geschätzt. Das teilte das Ministerium von Steffi Lemke (Grüne) am Mittwoch mit und berief sich dabei auf Angaben von Helfern und Landkreisen in Brandenburg. Zuvor hatte es noch keine offiziellen Angaben zur Dimension der bislang entdeckten toten Fische auf deutscher Seite gegeben. In Polen hatte beispielsweise die Feuerwehr mitgeteilt, bislang fast hundert Tonnen toter Fische aus der Oder und einem kleineren Fluss geborgen zu haben.
Quellen: DPA, "Spiegel online", Gewässerüberwachung des Landesumamtes Brandenburg