Panama Papers Gibt es auch "gute" Briefkastenfirmen?

Von Karoline Böhme
Seit Medien weltweit ihre Recherchen zu den Panama Papers veröffentlicht haben, steht so manchem Besitzer von Briefkastenfirmen das Wasser bis zum Hals. Noch wird überprüft, wer legal, illegal oder lediglich unmoralisch gehandelt hat. Die Linie dazwischen ist schmal.

Briefkastenfirma - der Begriff sollte gute Chancen haben, zum Unwort des Jahres 2016 zu werden. Er klingt harmlos, in Zeiten des Internet auch ein bisschen antiquiert. Aber dahinter verbirgt sich ein gewaltiges Problem. Briefkastenfirmen werden genutzt, um Steuern zu hinterziehen, Geld zu waschen und wirtschaftliche Machtverhältnisse zu verschleiern. Gleichwohl bieten sehr viele Länder die Konstruktion von Briefkastenfirmen an und deutsche Banken vermitteln Kontakte zu entsprechenden Anbietern. Weder  Vermittlung noch Besitz von Briefkastenfirmen sind - bislang - illegal. Und sowohl Banken als auch Vermögende beteuern, dass die Briefkastenfirma auch sinnvoll seien. Ist das so? Gibt es das, die gute Briefkastenfirma? Daniel Müller-Etienne, Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner der Frankfurter Kanzlei Wendelstein erklärt den Nutzen dieses wirtschaftlichen Konstrukts.

  • Schutz vor Wettbewerbern: "Wenn beispielsweise ein junges, innovatives Unternehmen ein neues Projekt plant und nicht möchte, dass Konkurrenten bereits in einer frühen Phase davon erfahren, dann greift das Unternehmen möglicherweise auf eine Briefkastenfirma zurück, um es den Wettbewerbern schwer zu machen", sagt Müller-Etienne. Dies sei legal, solange das Unternehmen seine Geschäfte gegenüber den Behördern darlege - es verschleiert seine Aktivitäten eben nur vor Wettbewerbern. Da lediglich der Name der Briefkastenfirma bekannt wird sowie der Kanzlei, die sie gegründet hat, könne diese Strategie für innovative Geschäfte sinnvoll sein.
  • Tarnung eigener wirtschaftlicher Aktivitäten: "Vorstellbar ist auch, dass Politiker, die einfach nicht mit bestimmten legalen Geschäften in Verbindung gebracht werden wollen, eine Briefkastenfirma gründen", sagt Daniel Müller-Etienne. Klug wäre es sicherlich nicht: Als aufflog, dass der damalige CDU-Schatzmeister Helmut Linssen eine solche Firma in Panama unterhielt, musste er 2014 sein Amt zur Verfügung stellen. Es ist sicher auch kein Zufall, dass in den Panama Papers bislang kein Politikername aufgetaucht ist.
  • Geld vor der Familie verstecken: "Derartige Fälle sind mir nicht bekannt, ich kann mir aber vorstellen, dass es ein Grund sein könnte", erklärt Daniel Müller-Etienne. Vielleicht lebt es sich mit den eigenen Verwandten leichter, wenn sie nicht so genau wissen, welche Summen der jeweilige Hauptverdiener schon reingeholt hat.
  • Steuerflucht vor einem korrupten Regime: Wo die Legalität aufhört, kann die Legitimität noch eine Rolle spielen. Marie Möller vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln sagt: "Wenn ein Staat die Steuern nicht zum Wohl des Gemeinwesens, sondern für Korruption nutzt, dann ist es moralisch nachvollziehbar, wenn ein Bürger sein Geld in einer Briefkastenfirma parkt. Es ist zwar nicht legal, aber legitim." Umgekehrt: Gäbe es weniger Korruption, würden weniger Menschen Briefkastenfirmen nutzen. Dieses Problem ist zum Beispiel in Griechenland von sehr großer Bedeutung. Weil Politiker über Jahrzehnte in die eigenen Taschen und die ihrer Klientel gewirtschaftet haben, ist die Steuermoral katastrophal.                                                                   

Banken und Kanzleien sichern sich ab

Welche Motive einen Menschen dazu treiben, eine Briefkastenfirma zu gründen, muss er der beratenden Kanzlei nicht mitteilen. Er muss nur Formulare ausfüllen, Geld einzahlen und die Gebühren begleichen - was mit ein paar Klicks im Netz schnell gemacht ist. Meist lassen sich Banken und Kanzleien über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsabschnitte zusichern, dass der Kunde keine illegalen Geschäfte beabsichtigt: Damit versuchen sie, eine Mithaftung auszuschließen. Außerdem   müssen sie den jeweiligen Regularien zur Vermeidung von Geldwäsche nachkommen. Aber alle diese Vorsichtsmaßnahmen haben offenkundig nur symbolischen Charakter. Denn die legale Nutzung von Briefkastenfirmen scheint die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt. "Der häufigste legale Grund ist der Schutz vor Wettbewerb. Ansonsten werden Briefkastenfirmen meist aus zwielichtigen Motivationen heraus genutzt", sagt  Müller-Etienne. Keine wirklich überzeugende Bilanz für das Finanzinstrument Briefkastenfirma.

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Die wichtigsten Fakten zu den Panama Papers
Mitarbeit: Lutz Kinkel