Der sozialdemokratische Bundesfinanzminister Peer Steinbrück fordert seine Partei auf, mit Kritik, Klagen und Schmollen aufzuhören. "Die Vorstellung aus Sicht der SPD, sie würde Eindruck machen bei den Wählern durch ein Herumkritteln an der Kanzlerin, ist ein Irrtum", sagte er der "Frankfurter Rundschau". "Ich kann meine Leute nur davor warnen." Stattdessen muss sich die SPD nach seiner Ansicht wenige Tage vor der Klausur des Bundeskabinetts nach der Sommerpause inhaltlich mit dem Koalitionspartner auseinandersetzen.
Steinbrück rief die in Umfragen abgeschlagenen Sozialdemokraten auf, Selbstbewusstsein zu demonstrieren, um das Vertrauen der Wähler wiederzugewinnen. "Den Leuten kommen wir im Moment wie eine Heulsuse vor: Wir ziehen eine Flunsch wegen der Popularität der Kanzlerin. Wir gucken verkniffen auf das Phänomen der Linkspartei. Wir klagen darüber, dass die Globalisierung uns erwischt, obwohl Deutschland davon profitiert. Wir heulen, weil wir Reformpolitik machen müssen. Wir heulen ein bisschen über Hartz IV und über die Agenda 2010", sagte der stellvertretende SPD-Chef. "Da sagen die Menschen: Wenn die sich nicht vertrauen, warum soll ich ihnen vertrauen?"
CDU macht "guten Onkel"
Steinbrück räumte ein, dass sich Teile der SPD für die rot-grüne Agenda 2010 am liebsten entschuldigen würden. Eine von Unionspolitikern geforderte Erhöhung der Hartz-IV-Sätze hält Steinbrück nur bei Einführung eines Mindestlohns für finanzierbar. "Es stimmt nicht, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hätte", sagte er. Eine Aufstockung der Zahlungen nach Hartz IV würde den Haushalt belasten, argumentierte der Finanzminister. "Dann hätten wir ein Problem, weil offen bliebe, wie der Bundeshaushalt damit umgehen soll." Der Mindestlohn spült aus dieser Perspektive höhere Steuern in die Kasse, mit der die Defizite wieder ausgeglichen werden könnten.
Der Union warf Steinbrück vor, sie habe "vor kurzem noch eine Senkung der Regelsätze oder eine Angleichung auf das untere Ostniveau verlangt" und wolle nun "in der Sommerpause auf der Gute-Onkel-Welle surfen."