"Entlastungsgesetz" Höherer Beitrag, höhere Leistungen – Lauterbachs Plan für die Pflegeversicherung

Eine Pflegerin reicht einer Frau ein Getränk. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will Pflegebedürftige entlasten
Eine Pflegerin reicht einer Frau ein Getränk. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will Pflegebedürftige entlasten
© Jana Bauch / DPA
Der Bundestag soll am Freitag über Neuerungen bei der Pflegeversicherung abstimmen. Doch wie sehen die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Änderungen eigentlich aus?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) knöpft sich die Pflegeversicherung vor: Sein "Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz" soll die häusliche Pflege stärken und Pflegebedürftige sowie deren Angehörige entlasten. Gleichzeitig steigen die Beiträge. Am Freitag stimmt der Bundestag über das Vorhaben ab, das kurzfristig noch verändert wurde. Ein Überblick:

Beiträge zur Pflegeversicherung

Der allgemeine Beitragssatz liegt derzeit bei 3,05 Prozent des Bruttolohns. Davon trägt in der Regel der Arbeitgeber die Hälfte. Kinderlose zahlen – alleine – einen Aufschlag von 0,35 Prozentpunkten.

Geplant ist nun eine Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes auf 3,4 Prozent zum 1. Juli. Der Kinderlosenzuschlag soll auf 0,6 Prozentpunkte steigen. Wer mehrere Kinder hat, soll wiederum ab dem zweiten bis zum fünften Kind unter 25 Jahren pro Kind 0,25 Beitragssatzpunkte weniger zahlen. Dies geht auf eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zurück, kinderreiche Familien zu entlasten.

Lauterbach sichert sich zugleich die Option, die Beitragssätze weiter zu verändern, wenn sich in der Pflegeversicherung neue Finanzlöcher auftun: Laut Gesetzentwurf wird "für den Fall eines kurzfristigen Liquiditätsbedarfs zusätzlich eine Rechtsverordnungsermächtigung für die Bundesregierung zur Anpassung des Beitragssatzes ergänzt". Der Bundestag soll eine solche Verordnung nachträglich ändern können.

Häusliche Pflege

Das Pflegegeld soll zum Jahreswechsel um 4,5 Prozent steigen. Dieses Geld bekommen Pflegebedürftige, die zu Hause ehrenamtlich versorgt werden – in der Regel von Angehörigen. Die konkrete Höhe ist vom Pflegegrad abhängig und beträgt maximal 901 Euro monatlich. Ebenfalls um 4,5 Prozent steigen die sogenannten Sachleistungsbeträge für die Leistungen von Pflegediensten, die Betroffene daheim betreuen.

Kurzfristig änderten die Koalitionsfraktionen zudem den Gesetzentwurf noch so ab, dass künftig Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege kombiniert werden können. Dieses sogenannte Entlastungsbudget beträgt nächstes Jahr für Eltern pflegebedürftiger Kinder 3386 Euro. Ab 2025 soll es für alle Betroffenen gelten und 3539 Euro betragen. Zur Gegenfinanzierung wurde die Anhebung der Geld- und Sachleistungen in der häuslichen Pflege von fünf auf 4,5 Prozent gesenkt.

Bei der Verhinderungspflege wird ein Pflegebedürftiger zu Hause versorgt, wenn die eigentlich pflegenden Angehörigen verhindert sind. Die Kurzzeitpflege ist eine vorübergehende Aufnahme in ein Pflegeheim.

Ausgeweitet werden soll auch die Unterstützung für Menschen, die wegen der Pflegebedürftigkeit eines Verwandten vorübergehend nicht arbeiten können. Sie bekommen bislang für maximal zehn Tage im Jahr Pflegeunterstützungsgeld, das bis zu 90 Prozent vom Nettolohn für die fragliche Zeit beträgt. Künftig sollen die zehn Tage "für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen in Anspruch genommen werden können". 

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Pflegende Angehörige benötigen für ihre eigene Gesundheit manchmal auch einen Aufenthalt in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, etwa für eine Kur. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es dabei möglich, dass der von ihnen betreute Pflegebedürftige bei solch einem Aufenthalt mit in der Einrichtung aufgenommen wird. Diese Möglichkeit soll dem Gesetzentwurf zufolge ausgeweitet werden.

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Stationäre Pflege

Für Menschen im Pflegeheim sollen die sogenannten Leistungszuschläge um fünf bis zehn Prozentpunkte angehoben werden. Diese Zuschläge werden von der Pflegekasse an das Pflegeheim gezahlt, um den von den Pflegebedürftigen selbst zu tragenden Eigenanteil zu dämpfen. Die Eigenanteile waren in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Die Leistungszuschläge fallen umso höher aus, je länger jemand im Pflegeheim lebt.

Weitere Punkte

Der Gesetzentwurf enthält zudem Regelungen zu den Personalvorgaben in der stationären Pflege. Auch soll das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit neu strukturiert und dadurch einfacher werden. Lauterbach will außerdem ein "Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege" einrichten – Ziel ist es, dass die Potenziale der Digitalisierung in diesem Bereich besser genutzt werden. Die bisher freiwillige Anbindung von Pflegeheimen an die sogenannte Telematik-Infrastruktur wird verpflichtend. Diese digitalen Schnittstellen ermöglichen zum Beispiel die Nutzung der elektronischen Patientenakte.

mad / Christina Neuhaus, AFP