Presseschau "Haltet fest an Mutti"

Der "Guardian" sieht Angela Merkel als dominierende politische Figur im krisengeschüttelten Europa, die Griechen machen Europa zum "Merkel-Land" - eine internationale Presseschau.

Nach dem triumphalen Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl am Sonntag hat die internationale Presse Bundeskanzlerin Angela Merkel ausführlich gewürdigt. Die US-Tageszeitung "New York Times" attestierte der Regierungs- und Parteichefin etwa eine "klare Bestätigung ihrer Führungsstärke". Merkel habe "einen erstaunlichen persönlichen Triumph" erzielt. Der französiche "Le Figaro" schreibt: "Die Bundeskanzlerin hat den Ehrgeiz, Geschichte zu schreiben, und damit fängt sie jetzt an." Und die spanischen Kollegen von "El Mundo" kommentieren: "Merkel zeichnet sich dadurch aus, ... dass sie die Einzige an der Spitze eines großen europäischen Landes ist, die ihr Mandat inmitten der Krise bestätigt."

Eine Auswahl internationaler Pressestimmen:

Griechische Presse: "Triumph der Königin der Austerität"

Fast die gesamte griechische Presse hat am Montag den Wahlsieg der Unionsparteien als Triumph von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewertet. Analysten der wichtigsten Parteien im griechischen Parlament sagten, man dürfe keine Kursänderung Berlins in Sachen Sparprogramm und Reformforderungen für Griechenland erwarten. "Wir müssen unser Konsolidierungsprogramm fortsetzen. Erst wenn wir alle unsere Verpflichtungen (gegenüber den Geldgebern) erfüllt haben, dürfen wir über weitere Maßnahmen zu Stabilisierung der griechischen Finanzen und der Ankurbelung der Wirtschaft, sagte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur dpa.

Europa werde nach diesem Ergebnis zum "Merkel-Land", meinte die größte griechische Tageszeitung "Ta Nea", die den Wahlausgang als "Triumph für die Königin der Austerität" bezeichnete. Die linksliberale Zeitung "Eleftherotypia" sieht zwar einen klaren Sieg der Kanzlerin, sie brauche aber "Stützen", weil ihr traditioneller Koalitionspartner, die Liberalen, untergangen sei. Die Boulevardzeitung "Ethnos" sieht im Wahlergebnis einen Auftrag für die Bildung einer großen Koalition.

"Guardian": "Das Zeitalter von Merkel"

Der linksliberale britische "Guardian" überschreibt seinen Kommentar zum Wahlsieg der Kanzlerin mit den Worten "Das Zeitalter von Merkel": "Haltet fest an Mutti. Das war die Botschaft der deutschen Wähler am Sonntag, als sich Angela Merkel - die Mutter der Nation, wie sie von ihren Imagemachern dargestellt wird - einen beeindruckenden persönlichen Triumph an den Wahlurnen sicherte, der ihren unangefochtenen Anspruch als dominierende politische Figur im modernen, krisengeschüttelten Europa untermauert. Seit die Finanzkrise 2008 die Weltwirtschaft traf, haben Wähler in Europa ihre Regierungen hinausgeworfen - ob linke, aus der Mitte, oder Mitte-Rechts. Aber Frau Merkel und ihre Mitte-Rechts-Partei CDU/CSU widerstanden diesem Trend - nicht ein Mal, sondern zwei Mal (...).

Das Netto-Ergebnis ist unmissverständlich. Die Deutschen haben Frau Merkel ein starkes Mandat gegeben, um Deutschland zu regieren. Die Art und Weise, wie sie ihre neue Macht ausübt, wird nicht nur Deutschland betreffen, so wichtig das auch ist, sondern ganz Europa. Und das schließt uns hier in Großbritannien ein. Dies ist das Zeitalter von Merkel."

"Rossijskaja Gaseta": Merkel bleibt Kanzlerin - problemlos

Zur Bundestagswahl schreibt die russische Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta" aus Moskau: "Das Wahlergebnis gilt als sensationell. Solch eine nervöse Stimmenauszählung gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Bundestagswahl, die auch über die Frage des deutschen Kanzlers und des Kabinetts entscheidet, war ein totaler Drahtseilakt. Sicher scheint zunächst nur eins: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin, problemlos."

"Rzeczpospolita": Die wichtigste Frau der Welt

Die konservative polnische Zeitung "Rzeczpospolita" schreibt zur Wiederwahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Jetzt wird sich ohne den Wahlkampf über den Köpfen zeigen, wie Deutschland unter der Führung von Superkanzlerin Angela Merkel ihre Position in Europa nutzen will, die so stark ist wie nie zuvor. Die dritte Amtszeit ist die Gelegenheit zu zeigen (...), ob sie an die proeuropäische Tradition früherer Kanzler anknüpft oder sich gefährlich der Charakterisierung auf Plakaten griechischer Demonstranten annähert, die Merkel mit Hitler-Schnauzbart zeigten."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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"De Morgen": Emotionale Entscheidung für das Vertraute

Die belgische Zeitung "De Morgen" kommentiert: "Mag der Kurs des strengen Sparens und des Beschneidens des Wohlfahrtsstaates bei uns auch als ein umstrittenes Vorbild "struktureller Reformen" gesehen werden, im eigenen Land wird Merkel gepriesen für ihre Berechenbarkeit und Standhaftigkeit. Das ist langweilig, sicher, aber dies ist nicht die rechte Zeit für große Abenteuer. Einmal mehr scheinen Emotionen und Psychologie an der Wahlurne den entscheidenden Ausschlag gegeben zu haben. Eine Entscheidung für Merkel ist keine logische Entscheidung für ein Programm, sondern eine gefühlsmäßige Entscheidung für das Vertraute. Das ist nachvollziehbar in diesen unruhigen Zeiten."

"De Telegraaf": Merkels Sieg gute Nachricht auch für Europa

Die konservative niederländische Zeitung "De Telegraaf" schreibt: "Der sensationelle Sieg von Angela Merkels Partei CDU in Deutschland ist eine Belohnung für ihre stabile Politik, die gerichtet ist auf wirtschaftliches Wachstum, Reformen und einen vertrauenswürdigen außenpolitischen Kurs. Er ist auch ein Beweis dafür, dass die Christdemokratie als kräftige politische Strömung springlebendig ist. Unsere östlichen Nachbarn haben Merkel mit diesem Ergebnis in großer Zahl ihr Vertrauen ausgesprochen, so dass sie ihre Kanzlerschaft fortsetzen kann. Das ist eine gute Nachricht für die Deutschen und für ganz Europa. Die Deutschen profitieren von rechtzeitig eingeleiteten Reformen, und dabei nehmen sie Europa ins Schlepptau."

"Lidove Noviny": Merkel ist Gewinnerin der Wirtschaftskrise

Die konservative Zeitung "Lidove Noviny" aus Prag bemerkt am Montag zum Sieg von Merkel bei der Bundestagswahl: "Fast 42 Prozent sind für Angela Merkel und ihre Christdemokraten eine fantastische Nachricht und im europäischen Kontext der vergangenen Jahre eine absolute Rarität. Während die Wähler andernorts in der Wirtschaftskrise ihre Politikergarnituren abgestraft haben, ist Merkel an dieser Krise gewachsen. Sie hat zwar nichts gelöst, denn die Konstruktion der Eurozone bleibt ein Risiko für die Prosperität Europas, aber Deutschland genügt das. Der Kontrast zwischen der Lawine schlechter Nachrichten aus dem Süden Europas und dem Wohlstand zu Hause hat bei den Deutschen den Eindruck gefestigt, letzterer wäre der ganz persönliche Verdienst der Kanzlerin."